Das älteste liechtensteinische Schulbuch? Als ich vor etwelchen Jahren eine Aufstellung sämtlicher in und für Liechtenstein herausgegebenen Lehrmittel zusammentrug,1 war ich überzeugt, dass zwei im Jahre 1835 erschienene Büchlein - ein Lesebuch mit dem
Titel Der Kinderfreund sowie eine deutsche Sprachlehre - die allerersten sein müssten.2 Erst in der letzten Zeit wurde ich mir des Bestehens eines dritten Büchleins bewusst, das offensichtlich zur gleichen Reihe gehört, aber ein Jahr früher - also 1834 - erschien.3 Es handelt sich, wie bei den anderen beiden Werken, um ein Büchlein im Brusttaschenformat. Dieses hat einen Umfang von 47 Seiten und trägt folgenden
Titel: Namenbüchlein für die Schulen des souveränen Fürstenthums Liechtenstein. Es wurde, ebenfalls wie die anderen beiden Bände, beim bischöflichen Buchdrucker Christian Pradella in Chur gedruckt. Irreführenderweise steht «Erstes Halbjahr» auf dem Titelblatt, obwohl ein Teil des Werkes mit der Überschrift «Zweytes Halbjahr» auf Seite 25 anfängt. Das Auftauchen dieses Werkleins schafft nun Klarheit über die verschiedenen Bezeichnungen, die in den betreffenden Akten im Landesarchiv vorkommen.4 Ich hatte früher angenommen, «Namen- büchlein» wäre eine vereinfachende Bezeichnung für die liechtenstei- nische Ausgabe des
Lesebuchs Der Kinderfreund von P. Aegidius Jais. Letzteres kam mir bei meiner früheren Untersuchung wie eine Art Fibel vor, obwohl ich dort bemerkte, dass sich das Werk kaum für den Anfangsunterricht eigne.5 Jetzt scheint es am wahrscheinlichsten, dass man damals
den Kinderfreund erst ab dem zweiten Schuljahr als Lesewerk verwendete. Wenn man nach dem Inhalt dieses
liechtensteinischen Namen- büchleins urteilt, war das Lesen- und Schreibenlernen zu jener Zeit bei 1 Graham Martin, Liechtensteinische Lehrmittel 1835 - 1965, JBL 65, SS. 207-258. 2 Ebenda, S. 215. 3 Das einzige mir bekannte Exemplar befindet sich in der Privatbibliothek Harald Wangers in Schaan. Ich bin Herrn Wanger für den Hinweis auf dieses Werk sowie für die Zurverfügungstellung einer Fotokopie des Inhalts zu Dank verpflichtet. 4 Vgl. Martin, a.a.O., S. 215, Anm. 14 u. 15. 5 Ebenda, S. 219. 211