Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1981) (81)

I. Die bedingte Taufe im Allgemeinen In diesem Abschnitte halte ich mich inhaltlich weitgehend an die gutbelegten Ausführungen, die Armin Müller im Jahre 1947 in seiner Inaugural-Dissertation zur Erlangung der philosophischen Doktorwürde an der Universität Innsbruck machte. Diese Dissertation trägt den Titel «Wallfahrten in Vorarlberg mit Weihe- und Votivgaben»; sie liegt in einem maschinengeschriebenen Exemplar bei der Vorarlberger Landesbibliothek in Bregenz. Armin Müller schöpfte für seine Doktor- arbeit aus gedruckten und vor allem aus ungedruckten Quellen. Der Glaube, dass in totgeborenen Kindern doch noch Leben sein könnte, weshalb man sie der bedingten Taufe zuführen soll, war im ganzen 18. Jahrhundert weitverbreitet. In Nr. 6 des 30. Jahrganges (1912) des «Schwäbischen Archivs» hat Pfarrer Selig von Unterdorf auf Seite 26 je 6 Fälle dieser Art aus den Pfarreien Reutlingerdorf und Tutenweiler im Oberamt Riedlingen beschrieben, und Pfarrer Johner, der über die «Taufen totgeborener Kinder mit Berücksichtigung der Pfarreien Baindt und Berg» in «Landschaft und Kultur im Bezirk Ravensburg» 2. Jahrgang, Dezember 1928, berichtet, sagt, soweit es sich aus dem bisher gesammelten Stoff ersehen lasse, trat im heutigen Württembergischen Oberlande die Sitte, totgeborene Kinder bedingt zu taufen, frühestens im Jahre 1680 auf. Ob sie auf dem Boden der Kon- stanzer Diözese erwachsen und von da in andere Diözesen eingedrungen sei oder von einer anderen Diözese in das Bistum Konstanz übertragen wurde, lasse sich zur Zeit nicht feststellen. Nach der Chronik der Pfarrei Erolzheim war dieser Brauch dort in den Jahren 1680 bis 1790 im Gange. Zum letztenmal wird darin von einem totgeborenen Kind be- richtet, das die bedingte Taufe erhielt aus der Pfarrei Uttenweiler 1729, Berg 1730, Reutlingendorf 1731. Tote Kinder aus der Pfarrei Baindt werden in Schruns (Vorarlberg) noch 1744, 1750 und 1757 bedingt getauft. Das allerletzte Zeugnis von solchen Taufen auf schwäbischem Boden stammt aus dem Jahr 1762, wo ein totgeborenes Kind aus der Pfarrei Rheinstätten in Mittelbuch getauft wurde. Damals waren es also verschiedene Orte der Diözese Konstanz, in denen die bedingte Taufe gespendet wurde (Berg, Bergatreute, Erolzheim, Mittelbuch und Moss- heim). Es waren dies Marienwallfahrtsorte, die zu diesem Zwecke auf- gesucht wurden. In Sigmaringen dagegen wallfahrtete man in solchen Fällen zur Wiege des heiligen Fidelis, der auch in Vorarlberg als 135
	        

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