Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1978) (78)

Fürst und Volk und Institutionen waren auf das eine, schier un- mögliche Ziel ausgerichtet: durchhalten und überdauern. Der Krieg ging an uns vorüber, dank einer gütigen Fügung, dank des Bestandes der Schweiz, aber auch dank des eigenen Durchhaltewillens. Bevor ich auf die heutigen politischen Umweltbedingungen zu spre- chen komme, möchte ich noch ein Ereignis hervorheben, das für unser Aussenverhältnis von grosser Tragweite war und ist: Österreichs Wie- dererlagung der Unabhängigkeit 1955 und dessen Erklärung der Neu- tralität. Seither steht Liechtenstein auch im Osten einem neutralen Staatswesen gegenüber. Abgesehen von den besonderen Verhältnissen 1938—1945 war Liechtenstein zwar seit seiner Unabhängigkeit von aussen nie bedroht, doch verleiht die immerwährende Neutralität unserer Nachbarn unserem Lande einen qualifizierten Schutz vor militärischen Übergriffen. Der Schutz, den unsere bewaffneten und neutralen Nach- barländer selbst geniessen, überträgt sich auch auf Liechtenstein. Rund- um von Neutralen eingepolstert, ist damit unser unbewaffnetes Liechten- stein gewissermassen vor äusseren Angriffen so sicher wie unsere be- waffneten Nachbarn selbst. Die Staaten können ihren Platz auf der Erde nicht aussuchen. Liechtenstein weiss um seinen glücklichen Stand- ortvorteil zwischen zwei stabilen, friedliebenden und wohlgesinnten Nachbarn. Der vor wenigen Tagen verstorbene, frühere Präsident der Parlamentarischen Versammlung des Europarates, Karl Czernetz, hat in diesem Zusammenhang von einer «Sandwich-Situation» gesprochen. Zur heutigen Wirklichkeit gehört eine weitere Dimension. Wir alle sind zusehends Teil Europas und der Welt geworden, voneinander ab- hängig und aufeinander angewiesen, wirtschaftlich, in Bezug auf die Erhaltung der natürlichen Umwelt wie in Bezug auf den Frieden. Die Interdependenz und die Weltprobleme zwingen über die herkömmlichen bilateralen Beziehungen hinaus alle Staaten zu weitergehender multi- lateraler Zusammenarbeit im Rahmen von Konferenzen, Übereinkom- men, internationalen Organisationen. Auf diese Weise sind zahlreiche Entscheidungszentren neben den Staat als einzigem Subjekt des inter- nationalen Geschehens getreten. Feste Grenzen werden durchlässig und eine nie gekannte Dynamik treibt die Staaten zusammen. Wo in einer statischen Welt, überspitzt formuliert, der Staat, von gewaltmässigen Eingriffen abgesehen, sozusagen durch die Einzeichnung auf der Land- karte gesichert war, ist die ehemals relativ festgefügte Staatenwelt in XIII
	        

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