Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1977) (77)

sehen Töpfer über Schweizer Handwerker von italienischen Vorbildern beeinflusst worden. (Siehe Abbildung Ste 158). Man kann die Bedeutung der Täufer-Keramik anfangs des 17. Jahr- derts kaum überschätzen: «Ein Blick in die Haushaltungen der Adligen während der Zeit vor dem Beginne des 30jährigen Krieges zeigt uns, dass zu jener Zeit besonders die keramischen Erzeugnisse der Wieder- täufer in Mode gekommen waren und dies in einem solchen Umfange, dass man sich ohne sie in Mähren keinen grösseren Haushalt vorstellen konnte»138. Als während des Krieges mährische Adlige gefangengenom- men und beraubt wurden, stellte man (zum Teil wohl um die von den Truppen gestohlenen Gegenstände schon verringerte!) Konfiskations- listen zusammen, von denen viele erhalten sind und ahnen lassen, wie damals in jedem reicheren Hause in grossem Masse Täuferkeramik vor- handen war. Über die Keramik des so um seinen Besitz gebrachten Zdenko von Waldstein wird berichtet: «Alle konfiszierten Gegenstände des unglücklichen Waldstein wurden über Auftrag des Kaisers Ferdi- nand auf einigen Wagen nach Wien als Geschenk des Kaisers für die Kaiserin Eleonora gebracht. Es gelangten also die Arbeiten dieser ver- hassten Menschen bis in die Wiener Hofkreise, von wo aus gerade in dieser Zeit gegen ihre Verfertiger ein rücksichtsloser Vernichtungs- kampf geführt wurde.»139 Der Umfang gewisser Lieferungen aus Täufer- siedlungen an Adlige geht aus der Bemerkung hervor, dass Zierotin 1612 der brandenburgischen Fürstin auf Jägerndorf Geschirr und Be- steck auf «einer grossen Fuhre» schicken Hess, die «von vier Pferden gezogen» werden musste140! Es gab kaum ein Gewerbe, in dem die Täufer nicht tätig und be- sonders erfolgreich waren. «Am tüchtigsten waren die Brüder in der Feld- und Forstwirtschaft. Es erregte den Neid unter den andersgläubi- gen Nachbarn, dass sich die Barone des Landes ihre Gutsverwalter und Bediensteten mit Vorliebe aus den Täufern auswählten»141. Noch 1614 bedient sich sogar der damals im Verfolgen der Täufer Schlimmste der mährischen Adligen, Kardinal Dietrichstein auf Nikolsburg, der be- währten Förster dieser Leute und schickte zwei von ihnen durch seine 139 Hruby II, Ste 210. 140 Hruby I, Ste 30. 141 Menn. Lex. Bd 2, Ste 717. 160
	        

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