Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1977) (77)

mühlen, bei deren Bau ihre vortrefflichen 'neuchristlichen' Müller- und Seiler-Brüder behilflich waren. Die Trockenmühle arbeitete, indem ein Hanfseil mittels eines findigen Mechanismus verdrillt wurde, wonach der am fest verdrillten Seil aufgehängte Mühlstein nach plötzlichem Ausklinken der Haspelverriegelung mit grosser Geschwindigkeit zu rotieren begann und die ihm zugeförderten Erzbrocken so fein ver- mahlte wie eine moderne Brechmaschine. Nach dem Glasieren wurden die halbfertigen Stücke in den Ofen eingesetzt, wo der Garbrand bei einer durch langsames, gleichmässiges Feuern erzielten Temperatur von ca. 940° Celsius, dem Schmelzpunkt des Antimons, mit grösster Sorg- falt vollzogen wurde. Beim nachfolgenden langsamen, verzögerten Ab- kühlen erhielten die Gefässe eine spiegelglatte, milchglasartige Glasur, auf der das ganz unmerklich vertiefte, gleichsam schwebende Kolorit wundervoll zur Geltung kam. Die in bestrickendem Emailglanz strah- lenden, gegen Risse und Kratzer gefeiten, prächtigen Gefässe bewahr- ten ihre staunenswerte Frische drei Jahrhunderte hindurch.»135 Die Keramiker der Täufer scheinen weitgehend auf Bestellung ge- arbeitet zu haben: Töchter Adeliger z.B. erhielten zur Verlobung das gesamte Geschirr aus Bruderhöfen. Dabei wurden «die Musterbücher mit Stichillustrationen den neuchristlichen Hafnermeistern bei Erteilung der Aufträge von den Gutsherren selbst überlassen»136. Allerdings war den Künstlern auf den Bruderhöfen durch die Ordnungen verboten, «eine Überladung des Dekors, Verwendung figuraler Darstellungen (du sollst dir kein Bildnis machen . . . !) und grotesker Formen» . . und es durfte niemand «aus dem Erlös ein Nebeneinkommen schaffen. ... Die Einnahmen waren zweiwöchentlich .. dem 'Diener der Notdurft' abzuliefern»137. Das Fürstenhaus besitzt in seinen Sammlungen noch ein letztes Stück «Täuferkeramik», ein etwa 12 cm hohes Bierkrüglein aus dem 17. Jahrhundert. Es weist auf gelbem Grund die für die Habaner- Fayence bezeichnenden Renaissance-Blumenmuster auf, die italieni- schen Einfluss nicht verleugnen können. Vermutlich sind die hutteri- 135 Kristinkovich IL Ste 43. 136 Kristinkovich II, Ste 28. 137 Kristinkovich II, Ste 29/30. 138 Hruby II, Ste 208. 159
	        

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