Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1977) (77)

neuere Forschungen ist man zur Überzeugung gekommen, dass sie sich von den Reformatoren in den meisten Punkten nicht unterschieden, sondern von ihnen ausgingen: «Das Täufertum entstand auf dem Boden der Reformation; es ist ein Kind, ein eigenwilliges Kind, der Reforma- tionsbewegung. Die ältesten Täufergemeinden tauchen nur in solchen Gemeinden auf, in denen die Reformation zuvor schon begonnen hat»18. Wir haben in den Täufern also evangelische Christen zu sehen, die nur dort von der Lehre der Reformatoren abweichen, wo ihnen diese zu wenig konsequent ist: In der Auffassung von der Kirche, damit zusammenhängend in der Lehre von Taufe und Kirchenzucht, in der Stellung zum Staat und damit zum Eide. Diese Punkte nur sind in der eigentlichen Bekenntnisschrift der Täufer, in den Schleitheimer Artikeln von 152719 und — später in Mähren — den «Fünff Artickeln» von 1547 erwähnt.20 Ganz auf dem Boden der Bibel argumentieren die Täufer: Zur Gemeinde gehört nicht jedermann, sondern wer zum Glauben ge- kommen ist (Trennung Kirche/Staat). Darum sollen nicht alle nach der Geburt, sondern nur die Bekehrten getauft werden (Glaubenstaufe als Eintritt in die Gemeinde). Die Gemeindemitglieder sollen sich von der Welt absondern und als Christen durch ihren Wandel unterscheiden; wer grob gegen das Evangelium sich versündigt, kann ausgeschlossen werden (Kirchenzucht). Die Gemeinde (nicht eine kirchliche oder welt- liche Autorität) wählt selber ihre Hirten (Selbständigkeit der Kirche). Der Kriegsdienst und weltliche Ämter werden abgelehnt («apolitische» Einstellung, Pazifismus). Ebenso wird das Schwören in diesen Bekennt- nissen verworfen. Was 1527 und 1547 als «Unterscheidungs-Bekenntnis» formuliert wurde, war in der Sache 1524 schon da. Nur die Einstellung zum Staat war (und blieb — das zeigt die Spaltung in Nikolsburg 1528!) kontro- vers : Hubmaier war obrigkeitstreuer als die meisten andern Täufer. Aber auch die Täufer, die Kriegsdienst und Staatsämter für sich ab- lehnten, waren keine Staatsfeinde, sondern «das Bündnis von Staat und Kirche, wo der Staat die Kirche für seine Zwecke brauchte und um- gekehrt, war ihnen fragwürdig. Sie empfanden das Nichtchristliche am 18 Blanke, Ste 81. 19 Beck, Sten 41—44. 20 Zieglschmid, Sten 269 — 316. 128
	        

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