Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1976) (76)

tik erkennen. So kann man mit guten Gründen in den merowingischen Zierscheiben Eigenformen sehen, die auf fränkisch-alemannischem Raum spontan zur Entwicklung gelangten und für lange Zeit grosse Mode wurden. Vor allem spricht auch der grosse Motivschatz der merowingischen Scheiben für ihre eigenständige Entwicklung. Zu Beginn des 8. Jahrhunderts hört diese Sitte fast plötzlich auf. In späteren Frauengräbern fehlen diese Zierscheiben ganz. Wahr- scheinlich geht das Verschwinden der mit heidnischem Aberglauben verbundenen Zierscheiben ebenso auf kirchlichen Einfluss zurück, wie z.B. das Erlöschen der Grabbeigabensitte überhaupt. 7.) Sinndeutung dieser Scheiben (heidnisch oder christlich?) Dorothee Renner verwendet in ihrem Werk viel Geist und Raum um die verschiedenen Scheibentypen zu deuten. Die Motive der figür- lich verzierten Stücke zeigen mit aller Deutlichkeit, dass sie als Übel abwendende Zaubermittel, als sogenannte Apotropaia getragen wor- den sind. Doch sind sie mehr der germanisch-heidnischen als der christ- lichen Vorstellungswelt verhaftet. Nachdem aber Chlodwig im Jahre 496 zum Christentum übergetreten war, wurde das Christentum all- mählich auch vom Volk übernommen. Es wäre daher verwunderlich, wenn sich keine christlichen Symbole in diesem Zusammenhange finden Hessen. Es gibt denn auch eine ganze Reihe von Scheiben mit einem Kreuz im Zentralkreis, deren Verbreitung auf Karte 26 (Abb. 9) zu ersehen ist. Dorothee Renner aber warnt im Hinblick auf die relativ späte Christiani- sierung der alemannischen Stämme vor einer allgemeinen christlichen Auslegung des Mittelkreuzes dieser Scheiben. Eine ganze Reihe von Zierscheiben aber tragen ausgeprägten christli- chen Charakter, wie kreuzförmige Ritzungen, kreuzförmige Durchbre- chungen u.s.f. Siebzehn Scheiben mit «nichtchristlichen» Motiven wur- den mit Grabinventaren gefunden, die auf das christliche Bekenntnis der Trägerin schliessen lassen. Entweder stammen sie aus Gräbern innerhalb des Kirchenareals oder sie wurden mit Beifunden geborgen, die als christ- lich gelten: Bulla, Bronzekreuz, Bleikreuz, Fingerring mit Kreuz u.s.w. Dorothee Renner teilt unsere Scheibe den Gräbern mit christlichen Beigaben zu. Begründung: Bulla und das kreuzförmig ausgeschnittene Bronzeblech. (Siehe Abb. 10, entnommen dem Fundbericht 1934). 288
	        

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