Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1976) (76)

«mit den meisten Zahlungen im Rückstände bleiben. Eine executive Eintreibung rückständiger Zinsungen und obrigkeitlicher Schuldig- keiten folgt der anderen, Feilbietungen aller Art finden statt und aus Mangel an Käufern werden die Fahrnisse, selbst ganze Wohnsitze mit den zugeschriebenen Gütern mit bedeutendem Verlust und selbst dann noch mit Mühe an (den) Mann gebracht».24 Die durch den Rheineinbruch verursachte wirtschaftliche Kata- strophe führte schliesslich zu einer starken Zunahme der Auswande- rung. Es kommt also nicht von ungefähr, dass sich gerade in jenen Jahren der erste Auswandererstrom nach Amerika ergoss. Die Ernäh- rung war in Liechtenstein nicht mehr gesichert, die in früheren Jahren in der Schweiz aufgesuchten Saisonstellen blieben des Sonderbunds- krieges wegen verwehrt und im Lande selbst gab es weder ein leistungs- fähiges Gewerbe noch Industriebetriebe, in denen Arbeitsplätze zur Verfügung gestanden hätten. Bedingt durch die schlechte Wirtschafts- lage setzte auch die Entwicklung von Gewerbe und Industrie in Liech- tenstein erst über zwei Jahrzehnte später ein. Bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts boten sich für Hand- werker und Gewerbetreibende nur geringe Verdienstmöglichkeiten. Ausländische Märkte blieben ihnen weitgehend verschlossen und der Absatz im Inland war gering, da sich die Bauern weitgehend selbst versorgten. Auch an eine industrielle Entwicklung, wie sie in der Schweiz und in Vorarlberg in den 30er-Jahren einsetzte, war in der ersten Hälfte des Jahrhunderts, der Zollschranken wegen, nicht zu denken. Erst der österreichisch/liechtensteinische Zollvertrag von 1852 brachte eine wesentliche Änderung der Voraussetzungen. Liechtenstein war durch diesen Vertrag in den grossen österreichischen Wirtschafts- raum einbezogen, eine Tatsache, die sich zu Beginn vor allem schwei- zerische Textil-Fabrikanten zunutze machten: Um die österreichischen Schutzzölle zu umgehen, verlegten sie die Produktion für dieses Absatz- gebiet nach Liechtenstein. Der erste Betrieb wurde 1861 gegründet und beschäftigte zu Beginn 21 Arbeiter. 1874 standen bereits drei Betriebe mit insgesamt 250 Arbeitern. Im Zuge der industriellen Entwicklung kam es auch zu einer Auf- wärtsentwicklung im Gewerbe. 1861 zählte man in Liechtenstein noch 24 LRA 82/8, Nr. 3, Menzinger an Fürst, 12. 1. 1848, zit. n. Geiger. 24
	        

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