Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1976) (76)

stein Anwendung finden sollten, und dass die Schweiz bei Verhand- lungen über neue Verträge das Fürstentum Liechtenstein zu vertreten ermächtigt war.208 Der Zollvertrag mit der Schweiz brachte in den ersten Jahren seines Bestehens nicht die erhoffte Besserung der wirtschaftlichen Lage. Daran änderte vorerst auch das für die Steuerzahler günstige Steuergesetz aus dem Jahre 1923 nichts. Noch 1929 gab es in Liechtenstein nur drei Industriebetriebe mit insgesamt 500 Beschäftigten.209 Doch nicht genug damit, dass sich der erwartete Aufschwung nicht einstellte: Im Sep- tember 1927 wurde das unter dem wirtschaftlichen Zusammenbruch noch immer leidende Volk von einer weiteren Katastrophe heim- gesucht. Bei Schaan barst der Rheindamm auf einer Länge von 300 Metern und die das Land überflutenden Wassermassen zerstörten Wiesen und Äcker. Angesichts der gewaltigen Verheerung eilten aus der Schweiz 235 Feuerwehrleute und aus Österreich 250 Alpenjäger zu Hilfe. Insgesamt 750 Personen arbeiteten 26 Wochen lang, bis der Damm wiederhergestellt war. Der Schaden wurde auf 1,2 Millionen Franken geschätzt. Es sollte nicht die letzte Heimsuchung für die liechtensteinische Bevölkerung sein. Ein Jahr später liess ein Skandal bei der liechten- steinischen Sparkasse deren Kassenbestand auf Null sinken. Der Staats- kasse gingen dadurch weitere 1,5 Millionen Franken verloren. Damit stand Liechtenstein vor dem wirtschaftlichen Ruin, der schliesslich nur durch zwei Anleihen in der Schweiz, insgesamt waren es 3,5 Millionen Franken, abgewendet werden konnte.210 Während all dieser Katastrophen ging der wirtschaftliche Auf- schwung nur langsam voran, obwohl die Regierung versuchte, mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln den Wiederaufbau der Industrie zu fördern. Aber die Weltwirtschaftskrise schaffte keine günstigen Be- dingungen, so dass sich die liechtensteinische Wirtschaft bis nach dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr vom Schlag erholte, den sie durch den Ausbruch des Ersten Weltkrieges erlitten hatte. Noch 1936 beschäftigten lediglich fünf Industriebetriebe mehr als 20 Arbeiter, und da es sich 208 s. Raton, S. 75 ff. 209 s. Schnetzler, S. 74. 210 s. Raton, S. 137. 132
	        

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