Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1974) (74)

dem Ersten Weltkrieg statistisch als «inländische Fremde» geführt1 und auch als solche behandelt wurden, während Ausländer, die in den öffentlichen Dienst eintraten — als Beamte, Geistliche und Lehrer — bis 1864 automatisch als Staatsangehörige galten; da es sich bei ihnen aber um keine echten Einbürgerungen handelte, sind sie hier unter die Ausländer zu rechnen.2 Die statistischen Unterlagen reichen nicht weit zurück, sie fehlen im 18. Jahrhundert fast ganz, bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts sind sie völlig unzureichend und bis 1930 noch man- gelhaft. Auf Zahlen gegründete Aussagen dürfen daher für die ältere Zeit nur als Tendenzangaben gewertet werden. Darum müssen denn auch mangelhafte Hypothesen mehr durch Beispiele als durch statisti- sche Daten gestützt werden. Schliesslich muss man sich vor Augen halten, dass die Ausländer in Liechtenstein eine sehr heterogene Bevöl- kerungsgruppe bilden. Sie gehören den verschiedensten sozialen Schich- ten und Gruppen an. Die einen halten sich nur vorübergehend im Land auf, andere lassen sich dauernd nieder, dritte sind im Land geboren. Jene, die wegziehen, wie jene, die Inländer werden, verschwinden wieder aus der Gruppe der Ausländer. Sie bilden nicht eine Gruppe mit Gruppenbewusstsein, Solidarität und Kontinuität, sondern eine blosse Verwaltungskategorie. Gerade diese Inkohärenz erschwert die histo- rische Betrachtung, wenn über die gesichtslose zahlenmässige Erfassung hinaus gefragt werden soll. Einwanderung von Ausländern nach Liechtenstein ist — wie die Saison- und Dauerauswanderung der Liechtensteiner selber — eine Funktion der Entwicklung Liechtensteins und seiner Nachbarstaaten. Die wichtigsten Züge seien hier erinnert; sie werden sich selbst an den Graphiken ablesen lassen. Die letzten 250 Jahre sind durch zwei Revo- lutionen gekennzeichnet. Die Industrielle Revolution mit ihren tech- nisch-wissenschaftlichen Errungenschaften und wirtschaftlichen Ver- änderungen brachte den Übergang von der handwerklichen zur maschi- nellen Produktion von Massengütern und von der Agrar- zur Industrie- gesellschaft, mit einer Bevölkerungsexplosion, die in Europa durch 1 Siehe Wohnbevölkerung 1812 - 1930. 2 Siehe unten S. 20 ff., 27 f. Statistisch erscheinen sie hingegen nicht als Aus- länder, wie die oben erwähnten «inländischen Fremden» natürlich auch nicht. 12
	        

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