Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1974) (74)

in den Herkunftsländern Gegenrecht gehalten werde.11 Diese grosszügig erscheinende Regelung, die auch die politische Bestätigung von zuge- zogenen erklärt, galt bis 1864. Doch der blosse Landes- oder Staatsbürger blieb ein Bürger zweiter Klasse, solange er nicht das viel wichtigere Gemeindebürgerrecht erlangte. Die Gemeinden aber hatten seit jeher trotz Weisungen und sogar gesetzlichen Vorschriften die Aufnahme in ihr Bürgerrecht stark erschwert und an hohe Einkaufssummen ge- knüpft.12 So waren die blossen Staatsbürger nur «geduldete Hintersäs- sen» und — wie übrigens die Bürger einer Nachbargemeinde auch — in ihrer Wohngemeinde «inländische Fremde», die wie die «ausländi- schen Fremden» von Gemeindenutzen und den politischen Gemeinde- rechten ausgeschlossen blieben.13 Da bis zur konstitutionellen Verfas- sung Wahlen nur auf Gemeindeebene stattfanden, waren blosse Staats- bürger auch politisch so rechtlos wie Ausländer. 1864 wurde dann das Gemeindebürgerrecht Voraussetzung für das Staatsbürgerrecht: «Jeder liechtensteinische Staatsbürger muss einer Gemeinde als Bürger angehören».14 Ausländische Hintersassen, die seit 30 Jahren in einer Gemeinde wohnten, wurden gleichzeitig — in ein- maliger Aktion — ohne Einkauf eingebürgert;15 die Aufteilung der Gemeinheiten war grösstenteils schon vorher erfolgt. Nur der Fürst konnte fortan auf Vorschlag des Landtages noch an niedergelassene Ausländer das Ehrenstaatsbürgerrecht verleihen, das aktives und passi- ves Wahlrecht zum Landtag bedeutete. Die öffentlichen Diener auslän- discher Herkunft, denen der Fürst diesen Status insgesamt 1862 verliehen hatte, behielten ihn «für die Dauer ihrer aktiven Dienstleistung».16 Damit blieben künftig zuziehende Ausländer im öffentlichen Dienst von politischen Rechten ausgeschlossen. 11 Verordnung betr. Aufnahme von Ausländern in den liechtensteinischen Untertanenverband vom 15. Jan. 1843, in: Ospelt, Anhang Nr. 32, S. 94 ff. 12 Vgl. Malin, S. 102; Schupplers Landesbeschreibung 1815, in: Liechtensteiner Volkswirt 1927, Nr. 9, S. 3; Quaderer, S. 182 f. 13 Vgl. Ospelt, S. 50 ff., 64 ff. 14 Gemeindegesetz vom 24. Mai 1864, LGB1. 1864, Nr. 4, § 8. Dazu Gesetz über die Erwerbung und über den Verlust des liechtenstein'schen Staats- bürgerrechts vom 28. März 1864, LGB1. 1864, Nr. 3, § 3b. 15 Gemeindegesetz 1864, § 8, siehe oben Anm. 14. 16 Staatsbürgerrechtsgesetz 1864, § 6, siehe oben Anm. 14. 38
	        

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