Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1974) (74)

den dem allgemeinen Königs- oder Herzogsfrieden und verbot, «einen Fremden zu belästigen oder zu schädigen, weil die einen um Gottes willen, die anderen aus Notwendigkeit daherziehen.»7 Im Hoch- und Spätmittelalter waren die Fremden nicht mehr recht- los, doch verschlechterte sich ihre Stellung bald wieder. Die Ausbildung der Territorien und Städte im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation führte nämlich dazu, dass jeder als Fremder angesehen wurde, der nicht dem eigenen kleinen Rechtskreis angehörte. Nun entstand auch der Begriff des «Ausländers», mhd. «üzlender». In den Städten wurden Fremde in bezug auf Eigentumserwerb, Berufsausübung und Prozessrecht benachteiligt; Fremde wurden härter bestraft als Bürger; für Verfehlungen oder Schulden von Landsleuten haftete der Fremde mit Leib und Gut; eines verstorbenen Fremden Habe zog oft die Stadt ein. In den Landesherrschaften mussten ins Land kommende Fremde sich binnen Jahr und Tag einem inländischen Herrn unterwerfen.8 Einzelne Fremdengruppen erlangten besondere Rechte, z.B. die Hanse- kaufleute in auswärtigen Städten oder die immer bedrängten Juden, aus deren Schutz man allerdings eine Einnahmequelle machte und für die man im Spätmittelalter entehrende und grausame Strafen erfand.9 Mit dem ausgehenden Mittelalter festigte sich das Territorialprinzip: Wer in einem Territorium seinen ständigen Wohnsitz hatte, war Unter- tan des Territorialherrn; Auswanderung, die nur mit Erlaubnis möglich war, brachte das Untertanenverhältnis mit seinen Rechten und Pflichten zum Erlöschen. Allmählich erst, im 18. und anfangs des 19. Jahrhun- derts, drang in Europa das Abstammungsprinzip (ius sanguinis) durch. Damit war erst eine Staatsangehörigkeit im heutigen Sinne ausgeprägt.10 Bis heute haben sich als völkerrechtliche Regeln für den Schutz der Fremden die Achtung der Menschenwürde und das Willkürverbot he- rausgebildet. Der Ausländer wird als Rechtspersönlichkeit anerkannt, er geniesst hinreichenden Rechtsschutz, und die für die «leiblich-seeli- 7 Lex Baiuv. IV/31, zit. Conrad, S. 119. 8 Conrad, S. 305. 9 Conrad, S. 305, 438. 10 Werner Hoffmann, Staatsangehörigkeitsrecht, 3. Aufl., Köln-Berlin-Bonn- München 1966, S. 1. 15
	        

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