Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1972) (72)

Grund und Boden haftenden Abgaben und Steuern, beladen sein, sie waren den Lehengütern nicht gleichzustellen. Während der Landmann über die Eigengüter grundsätzlich frei verfügen konnte, war er inbezug auf die Lehengüter wenigstens ursprünglich fest an den Lehenherrn gebunden. Bezüglich der Art der Leihe unterschied man in Liechten- stein zwischen Erblehen- und Schupflehengütern. Die Rechtsform, die ein Leiheverhältnis auf lange Dauer begründete, war das Erblehen.20 Der Grundherr übergab einem Bauern, dem sog. Beständer, gegen Ent- richtung eines Zinses ein Grundstück etc. zu ewigem, auf dessen Nach- kommen vererblichem Bewirtschaftungs- und Nutzungsrecht. (Erbzins- gut). Der Lehensnehmer erwarb also das Nutzungseigentum, das «dominium utile», während der Lehensherr das Obereigentum, das «dominium directum» über das verliehene Gut behielt. Im Gegensatz zu den Eigentümern handelte es sich hier um ein geteiltes Eigentum der Lehen. War ursprünglich der Lehensherr wirklicher Eigentümer solcher Liegenschaften, so hatte sich im Verlaufe der Zeit das Recht des Beliehenen, der zwar immer zinspflichtig blieb, von der blossen erblichen Nutzung zum vollen Eigentum gewandelt, über das der Le- hensherr lediglich formell das Obereigentum behielt. Bei allen Erble- hen hatten die lehenhserrlichen Rechte im Laufe der Jahrhunderte eine merkliche Einbusse erlitten. Hatte ursprünglich eine Veräusserung oder Übertragung eines Erblehens nur mit Zustimmung des Lehensherrn und nur gegen Entrichtung einer Besitzwechsel- oder Handänderungs- gabe, des sog. «Laudemiums» oder «Ehrschatzes»,21 erfolgen können, so unterblieb später die Anfrage wegen Veräusserungen und die Zahlung des Laudemiums immer mehr und fiel schliesslich ganz weg. Ebenso durften Erblehen ursprünglich nicht geteilt oder mit zusätzlichen Zin- sen belastet werden, was aber gegen Ende der Feudalzeit vorkam und geduldet wurde. Erblehengüter waren somit zu Beginn des 19. Jahr- hunderts von Eigentümern de facto kaum mehr zu unterscheiden. Das zeigt sich schon darin, dass.die Erblehenszinse als Grundlasten oder verhaftete Schuldigkeiten angesehen wurden.22 Die Erblehen, die der Bauer früher nur als Erblehen besessen hatte, und für die ihm lediglich 20 Eugen Haberkern, Josef Friedrich Wallach, Hilfswörterbuch für Historiker, Bern 
21964. S. 177-. — Neben der Landesherrschaft hatten auch die geist- lichen Grundherren in Liechtenstein Erblehen- oder Erbzinsgüter, von denen sie als Anerkennung ihres Obereigenrums lediglich geringe Abgaben (Erblehenzinse, Erbzinse) bezogen, die in keinem Verhältnis zum jährli- chen Nutzertrag der betreffenden Böden standen. 21 Siehe dazu unten S. 98. 22 In herrschaftlichen Güterbeschreibungen zu Beginn des 19. Jahrhunderts werden Erblehen als Güter nicht mehr geführt. Nur die Erblehenzinse als auf bestimmten Grundstücken haftende Reallasten werden unter den herr- schaftlichen Gefällen aufgeführt; dies ein Beweis dafür, dass die ehemali- gen Erblehengüter nicht mehr als herrschaftliches Eigentum angesehen wurden. — Vgl. LRA LBS S. 151 — 158. LRA Rechnungsbücher. 91
	        

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