Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1972) (72)

Schellenberg.6 Sein Haus trug zwar seit 1608 den Fürstentitel, Sitz und Stimme auf den Reichs- und Kreistagen waren ihm aber verwehrt, da er keine reichsunmittelbaren Besitzungen hatte, und die Fürsten von Liechtenstein als österreichische Vasallen angesehen wurden. Die Er- werbung hatte den Zweck, dem Haus Liechtenstein die Erhebung in den Reichsfürstenstand zu ermöglichen. Da Schellenberg allein noch nicht von reichsfürstenmässiger Grösse war, sicherte sich Fürst Johann Adam im Kaufvertrag das Vorkaufsrecht auf die Grafschaft Vaduz. — Der Verkaufserlös der Herrschaft Schellenberg reichte den Hohen- emsern in keiner Weise zur Tilgung ihrer Schulden. Nach langen For- malitäten waren sie auch zum Verkauf der Grafschaft Vaduz bereit. Am 22. Februar 1712 wurde der Vertrag abgeschlossen.7 So standen die beiden Herrschaften, die mehrere hundert Jahre vereint gewesen wa- ren, nach dreizehnjähriger Trennung wieder unter einem Landesherrn. Fürst Johann Adam hatte schon nach dem Kauf der Herrschaft Schellenberg für sich und seine männlichen Nachkommen die Mitglied- schaft im Fürstenkollegium des Schwäbischen Kreises (Kreistag zu Ulm) erlangt, indem er ihm, da es sich in Geldverlegenheit befand, bis zur Erwerbung eines ausreichenden reichsunmittelbaren Gebietes ein un- verzinsliches Darlehen von 250'000 Gulden gewährt hatte. Vor der Er- hebung beider Landesteile zum Reichsfürstentum Liechtenstein, starb Fürst Johann Adam, der eigentliche Gründer des Fürstentums Liechten- stein, am 16. Juni 1712. Erst Fürst Anton Florian, Obersthofmeister des Kaisers, erreichte die Zulassung zum Reichsfürstenstande, zunächst nur für sich und seine männlichen Nachkommen. Die damit verbundene feierliche Einführung des liechtensteinischen Gesandten am Reichstage zu Regensburg erfolgte am 15. Februar 1713. Das bedeutendste Datum der liechtensteinischen Staatswerdung ist hingegen der 23. Januar 1719. An diesem Tage erhob Kaiser Karl VI. die beiden Reichsherrschaften Va- duz und Schellenberg zum unmittelbaren Reichsfürstentum unter dem Namen Liechtenstein. Das Geschlecht der Fürsten von Liechtenstein ermöglichte den Aufstieg des Landes zum Reichsfürstentum und gab ihm seinen Namen, ja es ist fast nur ihm allein zu danken, dass Liech- tenstein ein souveräner Staat wurde und seine Souveränität durch be- wegte Phasen europäischer Geschichte hindurch erhalten konnte. Am 23. Februar 1719 begann Liechtenstein als selbständiges Staatswesen zu existieren, entstanden, «nicht durch kriegerische Ereignisse, nicht durch Zerfall bestehender Staaten, nicht durch friedliche Loslösung 6 Als Käufer für Schellenberg hatten sich zunächst Ferdinand Fürst zu Schwarzenberg und Karl Friedrich Graf von Waldstein gemeldet, die aber von ihrer Absicht Abstand nahmen, nachdem Fürst Johann Adam Andreas 115'000 rheinische Gulden geboten hatte. Bis zuletzt hatten sich auch der Fürstabt von St. Gallen und der Bischof von Chur für den Kauf interessiert. 7 Die Kaufsumme betrug 290'000 rheinische Gulden. 72
	        

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