Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1972) (72)

a) Staatswerdung Das heutige Gebiet des Fürstentums Liechtenstein ist, wie die Spaten- forschung nachgewiesen hat, seit dem dritten Jahrtausend v. Chr. un- unterbrochen besiedelt. Unter römischer Herrschaft gehörte es zur Provinz Rätien, später, in der fränkischen Verwaltungsorganisation, zur Grafschaft unter der Landquart oder Unterrätien, einem Teil Churrä- tiens. Dabei waren der südliche und der nördliche Landesteil offen- sichtlich zwei verschiedenen Amtssprengeln zugeordnet: der erstere dem «Ministerium in Planis», der letztere aber dem «Ministerium Vallis Drusiana» (Walgau). Dies ergibt sich aus der späteren kirchlichen Einteilung der Kapitel, die sich mit den alten Ministerien territorial deckten.2 Die in der gesamten geschichtlichen Entwicklung erkennbare Differenzierung zwischen dem südlich gelegenen Oberland und dem Unterland war also schon im Frühmittelalter vorgezeichnet. Im Vertrag zu Verdun (843) zu Ostfranken geschlagen und dem 917 wiedererrich- teten Herzogtum Alemannien einverleibt, kam Churrätien in den Ver- band des Deutschen Reiches. In Liechtenstein blieb diese Bindung bis zur Auflösung des Reiches (1806) erhalten. Nach den Herzögen von Alemannien hatten die Grafen von Bregenz die Gewalt in Unterrätien inne. Mit dem allmählichen Zerfall der Zentralgewalt im Deutschen Reich und der Zersplitterung der fränkischen Gauverfassung und des Lehenswesens im 10. bis 13. Jahrhundert bildeten sich auf dem Boden der alten Grafschaft Unterrätien verschiedene Souveränitäten. Die Zent- grafen fühlten sich als souveräne Herren ihres Gebietes. Klöster, Bi- schöfe und weltlicher Adel wurden nach und nach reichsunmittelbar. Die Einheit der Verwaltung lockerte sich, es konnten sich Landesherr- schaften ausgestalten. Die Grafen von Montfort, Nachkommen der Grafen von Bregenz, waren eines der damals an die Macht gelangten Herrschergeschlechter. Sie kamen durch Erbteilung auch in den Besitz des heutigen liechten- steinischen Gebietes, das durch weitere Erbteilungen im Hause Mont- fort schliesslich in den Besitz der Grafen von Werdenberg-Sargans ge- langte. Durch Teilung der Güter der Grafschaft Sargans zwischen den Brüdern Hartmann III. und Rudolf IV. von Werdenberg-Sargans ent- stand am 3. Mai 1342 die selbständige Grafschaft Vaduz (Oberland). Der erste entscheidende Schritt auf dem Wege zur Eigenstaatlichkeit war damit getan, der Grundstein für das heutige Fürstentum gelegt. Graf Hartmann III. nahm auf Schloss Vaduz Wohnsitz, das nun Resi- Freiburg. JBL 69 (1969). Peter Geiger, Geschichte des Fürstentums Liechten- stein 1848-1866, Diss. Zürich, JBL 70 (1970). Herbert Wille, Staat und Kirche im Fürstentum Liechtenstein, Diss. Freiburg. Bd. 15 der Freiburger Veröffentlichungen aus dem Gebiete von Kirche und Staat, Freiburg 1972. 2 Poeschel, Kunstdenkmäler, S. 7 f. 70
	        

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