Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1972) (72)

vom Genuss aller «Gemeindevorteile» ausgeschlossen. Wer einen Bür- ger aus einer anderen Gemeinde oder einen Fremden heiratete, wenn dieser auch in der Gemeinde wohnte, verlor für seine Nachkommen das Bürgerrecht und den Gemeindenutzen, wenn er die Einkaufsbedin- gungen nicht erfüllte.33 Jede Gemeinde hatte ganz bestimmte Bedin- gungen, die mit zunehmendem Ansteigen der Volkszahl immer strenger geworden waren.54 Die strengen Einkaufsvorschriften auch für Liech- tensteiner verhinderten die Freizügigkeit im Innern des Landes und standen im Widerspruch zu den angestrebten staatlichen und wirt- schaftlichen Reformen im beginnenden 19. Jahrhundert.53 Andererseits konnte nur so das Gemeindevermögen einigermassen ungeschmälert erhalten bleiben.50 1810 wurde das Freizügigkeitsgesetz erlassen 
37 Ein Bürger, der in einer anderen Gemeinde ein Haus mit genügend Boden zum Unterhalt der Familie zu erwerben in der Lage war, sollte ohne Einkauf-in den Genuss aller «Gemeindevorteile» kommen.58 Auch wer in eine andere Gemeinde einheiratete, sollte dies ohne Einkauf oder sonstige Beschrän- kung tun können. Das Gesetz vom 22. Juni 1810 hätte ursprünglich noch viel weitergehende Bestimmungen enthalten. Es wurde aber nur bezüglich der Freizügigkeit der Bürger im Landesinnern gehandhabt.39 Selbst dagegen wehrten sich die Gemeinden und forderten hartnäckig die Wiedereinführung der alten Ordnung.60 Da der Gemeindebesitz der 53 LRA LBS, S. 52. LRA AR, Nr. 31, Fasz. 30/1 : Akten aus dem 18. Jahrhundert betr. Einkauf in das Gemeindebürgerrecht vgl. auch: Büchel, Gemeinde- nutzen, S. 69-73. Malin, S. 103-105. Unten S. 63-67 und S. 107-125. 54 Ende des 18. Jahrhunderts verlangten zum Beispiel Schaan und Vaduz 700 fl. Einkaufsgeld. Rentmeister Fritz meint dazu: «Wo wollten gleich alle Leute 700 fl zum Einkaufsgeld hernehmen, indem ein hiesiger Bauer noch ehrlich zu stehen glaubet, wann er 700 fl Mittel hat.» 55 Das Oberamt betont in einem Schreiben an die Hofkanzlei, dass die stren- gen Einkaufsvorschriften im Widerspruch zum neu eingeführten Grund- buchspatent vom 1. Januar 1809 und zum Gesetz betr. Untrennbarkeit der Güter vom 6. Dezember 1806 stünden. Deshalb reiche es den Entwurf eines Freizügigkeitsgesetzes zur Prüfung ein. — LRA NR 22/1/10, 7. März 1810, OA an HKW. 56 Zu dieser Problematik siehe unten S. 107 — 125. 57 Gesetz betr. Freizügigkeit im Fürstentum Liechtenstein, Wien 22. Juni 1810. Text siehe Anhang Nr. 18, S. 53 - 55. 58 a. a. O., Art. 1. 59 Ursprünglich sollte die Freizeit ganz allgemein auch nach aussen, damals gegenüber den Rheinbundstaaten, gelten. Davon musste aber Abstand ge- nommen werden, da die vorarlbergischen Gemeinden bei der alten Ord- nung blieben, wonach jede Gemeinde einen eigenen Einkauf festlegte. — LRA NR 22/1/10. 28.August 1823, OA an Fürst. Amtsbericht. 60 LRA NR 22/1/10, 19. Februar 1823. HKW an OA. - Die Hofkanzlei gibt in diesem Schreiben die Ohnmacht der Behörden zu erkennen, wenn sie 51
	        

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