Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1972) (72)

Wenn wir nun die Entwicklung in den einzelnen Perioden betrach- ten, so bemerken wir, dass in der ersten Jahrhunderthälfte in allen Gemeinden ein meist starkes Bevölkerungswachstum herrscht. Auch hier liegt Balzers mit 169.2 % weit an der Spitze, gefolgt von Mauren, Triesen, Vaduz und Schaan. Immer noch beträchtliche Bevölkerungs- zunahmen zeigen sich in Eschen, Triesenberg und Planken, während Schellenberg, Ruggell und Gamprin in deutlichem Abstand folgen. — Die zweite Periode, die zwei grosse Auswanderungswellen einschliesst, zeigt ein verändertes Bild. Balzers weist nur noch eine sehr geringe Zunahme auf. Triesen, Vaduz, Triesenberg und Schellenberg sind schneller gewachsen. Alle übrigen Gemeinden konnten den Stand der Jahrhundertmitte nicht halten und mussten einen Rückgang der Ein- wohnerzahl in Kauf nehmen. — Im letzten Zeitabschnitt haben noch Planken, Gamprin und Eschen eine rückläufige Bevölkerungsentwick- lung. Bei Mauren, Schellenberg, und Triesenberg stellen wir ein schwa- ches Wachstum fest. Am stärksten stieg die Volkszahl in Vaduz, dann um einiges schwächer in Ruggell, Triesen und Balzers. Es hält schwer, die verschiedenen Gründe für eine so unterschiedlich geartete Bevöl- kerungsentwicklung in den liechtensteinischen Gemeinden gegenein- ander abzuwägen und entsprechend zu werten. Um die Wechselwir- kung zwischen Bevölkerung und Wirtschaft in den Gemeinden tiefer zu erfassen, müssten deren wirtschaftliche Zustände und deren demo- graphische Entwicklung genau untersucht werden. Da eine solche Auf- gabe den Rahmen dieser Arbeit sprengen würde, seien hier nur wenige allgemeine Feststellungen gemacht. In der ersten Jahrhunderthälfte ist vor allem die natürliche Bevöl- kerungsbewegung für die unterschiedliche Entwicklung ausschlagge- bend. Gemeinden mit grossem und solche mit sehr kleinem Geburten- überschuss, mit hoher und niedriger Sterblichkeit sind anhand der Tauf- und Sterbebücher nachzuweisen.52 Aber auch Wanderungsbewegungen im Lande selbst hatten vermut- lich ihre Auswirkungen. Die Binnenwanderung war im 19. Jahrhundert in Liechtenstein zwar stark eingeschränkt: Die Gemeinden hatten seit altersher das Recht, Fremde in den Gemeindeverband aufzunehmen oder abzuweisen. Da unter Fremden auch Bürger aus anderen Gemein- den des Landes verstanden wurden, konnte sich ein Gemeindebürger in einer anderen Gemeinde nur ansässig machen, wenn er dort das Bür- gerrecht kaufte. Andernfalls wurde er als «Beisässe» betrachtet und war 52 So hat Balzers mit der stärksten Bevölkerungszunahme im Zeitraum von 1800 bis 1850 einen durchschnittlichen jährlichen Geburtenüberschuss von 12, während Eschen mit einer ziemlich schwachen Bevölkerungszunahme im selben Zeitraum im jährlichen Durchschnitt nur um 3 mehr Geburten als Sterbefälle aufweist. Eschen hatte 1806 noch bedeutend mehr Einwohner als Balzers, 1852 hatte Balzers bereits 300 Einwohner mehr als Eschen. 50
	        

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