Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1972) (72)

unangenehm bemerkbar. Liechtenstein war von Zollmauern umgeben, die im beginnenden 19. Jahrhundert allgemein erhöht wurden und den Export landwirtschaftlicher Produkte immer mehr erschwerten. Aber auch die Bildung von Gewerbe und Industrie, die für die wachsende Bevölkerung so dringend benötigte Arbeitsplätze hätte bringen können, war verunmöglicht. Für das kleine Land gab es nur einen Ausweg aus dieser schwierigen Lage: Anschluss an einen grösseren Wirtschaftsraum. Diese Lösung wurde aber erst 1852, nach vielen Jahren wirtschaftlicher Isolation, verwirklicht. Die österreichische Zollgrenze hatte für Liechtenstein die grösste Be- deutung, da mit dem benachbarten Vorarlberg die meisten wirtschaft- lichen Beziehungen bestanden. Vorarlberg hatte im 18. Jahrhundert einen eigenen «vorderösterreichischen Zolltarif» (seit 1751).19 Dieser Tarif hatte für Liechtenstein offensichtlich keine besonders nachteiligen Auswirkungen. Jedenfalls finden sich in den Akten keine Anhalts- punkte. Von 1806 bis 1814 war Vorarlberg im einheitlichen bayrischen Zollverband.20 Es galt der bayrische Zolltarif von 1808, der dem Für- stentum wegen seiner hohen Ansätze in mancher Hinsicht schadete. Einerseits verschlechterte er die Exportmöglichkeiten des Landes, an- dererseits lenkte er den Durchgangsverkehr zu einem grossen Teil auf die Schweizer Seite.21 Nach der Wiedervereinigung mit Österreich (1814) behielt Vorarlberg zunächst noch den bayrischen Zolltarif bei, übernahm aber dann sukzessive die österreichischen Partialzolltarife. Am 1. Januar 1826 war die völlige Angliederung an Österreich durch die Auflassung der tirolisch-vorarlbergischen Zollinie vollzogen.22 Aber auch diese Tarife kamen den liechtensteinischen Interessen keines- wegs entgegen. Die hohen österreichischen Einfuhrzölle drückten auf den Export. Vor allem die hohen Zölle auf Wein und Vieh, den wich- tigsten Exportgütern des Landes, machten die Lage der liechtensteini- schen Bauern fast unerträglich und schadeten dem Fürstentum sehr.23 Alle Versuche, für liechtensteinische Waren, insbesondere für Wein, eine Herabsetzung zu erreichen, scheiterten.24 Erst der neue österreichi- 19 Stolz, Zollwesen, S. 87. 20 Stolz, Zollwesen, S. 87. 21 LRA LBS, S. 200 f. - Vgl. oben, S. 328 - 334. 22 Hudeczek, österr. Handelspolitik, S. 92 — 113. — Die Partialzolltarife waren nach einzelnen Produktionsgruppen gegliedert, für die nach und nach (von 1817 — 1822) Zollsätze publiziert wurden. Eine Zusammenfassung der Tarife erfolgte erst 1838. 23 Die österreichischen Einfuhrzölle betrugen 1820 für ein Pferd 1 fl 30 kr, für eine Kuh, ein Rind oder einen Stier unter 2 Jahren 1 fl, für einen Eimer Wein 1 fl 20 kr und für ein Malter Getreide 10 — 21 kr. 24 1825, 1831 und 1835 hatte der Fürst auf Bittgesuche der Untertanen und auf Verwendung des Oberamts hin in Wien um Zollreduktion für Wein und Vieh aus Liechtenstein nachgesucht, erhielt aber von der «geheimen 364
	        

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