Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1972) (72)

Zahlen machen deutlich, wie sehr sich die überwiegend bäuerliche Bevölkerung auch noch während der ersten industriellen Hochblüte selbst versorgte. Die ersten gesetzlichen Bestimmungen für das Metzgereigewerbe finden sich in der Polizeiordnung von 1843.104 Dort wird der Fleisch- verkauf nur den vom Oberamt dazu berechtigten Metzgern erlaubt und das Hausieren mit Fleisch verboten. Den Metzgern wurde vorge- schrieben, nur völlig gesundes Fleisch zu verkaufen.105 Bei Notschlach- tungen musste eine Fleischbeschauung unter Zuzug eines Tierarztes vorgenommen werden.100 1878 wurden diese Bestimmungen republi- ziert und zudem die konzessionierten Metzger verpflichtet, sich über den Gesundheitszustand des von ihnen verkauften Fleisches durch Ge- sundheitsscheine auszuweisen.107 In einer ähnlichen Lage wie die Metzger befanden sich auch die Bäcker während des 19. Jahrhunderts. Da viele Haushaltungen das benötigte Brot selbst buken, fand das Bäckereigewerbe nur sehr be- schränkt Absatzmöglichkeiten für seine Produkte. Bereits 1789 hatte sich das Oberamt mit der Einführung einer «Beckenordnung» befasst.108 Auf das Bittgesuch von 1819 hin erreichten die liechtensteinischen Untertanen, dass das Gewicht des Brotes künftig nach der Feldkircher Taxskala bestimmt wurde.109 Paragraph 64 der Polizeiordnung von 1843 führte in Liechtenstein die Feldkircher Brot- satzung ein.110 Mehlmischung, Gewicht und Preis des Brotes waren somit genau festgelegt.111 Mit Verordnung vom 18. Dezember 1876 wurde, im Bestreben, möglichst vollständige Gewerbefreiheit zu gewäh- ren, diese Brotsatzung aufgehoben.112 1912 kam man erneut zur An- sicht, dass eine gewisse Einschränkung der Gewerbefreiheit im Inte- ' 104 Polizeiordnung vom 14. Sept. 1843. (LRA NS 1843). 105 a. a. O., § 57. 106 a. a. O., § 58. 107 «Regierungs-Verordnung in Betreff des Fleischverkaufes.» 9. Juli 1878. (LGBL Jg. 1878, Nr. 5). ' 108 LRA AR Nr. 27. Fasz. 26/8. 21. Okt. 1789. Das Oberamt ersucht den Magi- strat der Stadt Feldkirch um Übersendung eines Exemplars der Feldkircher Beckenordnung. Da in Liechtenstein eine solche bisher gefehlt habe, wolle man nun eine einführen. — Eine Beckenordnung schrieb Grösse, Gewicht und Mehlmischung für die verschiedenen Brotsorten vor. 109 HKW S 304, 1819/Nr. 4445. Verordnung vom 7. August 1819 betr. Ver- wendung des Landmasses im Ausschank und Einführung der Feldkircher Taxskala zur Bestimmung des Brotgewichtes. — Vgl. Quaderer, S. 53 f. u. S. 57. 110 Polizeiordnung vom 14. Sept. 1843. (LRA NS 1843). 111 LRA NR 55/6. 5. Okt. 1844. OA an alle Ortsgerichte betr. Brotsatzung. 112 «Verordnung betreffend die Aufhebung der Brotsatzung.» 18. Dez. 1876. (LGBL Jg. 1876, Nr. 2). 241
	        

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