Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1972) (72)

zeitgenössischen Berichten25 wurde eine Fläche von mehr als 3 Millio- nen Quadratklaftern (ca. 12 km2) Acker- und Wiesland unter Wasser gesetzt und mit hoch angehäuftem Geschiebe überdeckt. Das Wasser reichte in Vaduz bis an die Landstrasse unterhalb des Schlossfelsens. Die grosse Rheintalebene bis nach Mauren stand 6 Wochen unter Was- ser. Allein der Schaden an zerstörten Feldfrüchten betrug ca. 100000 fl.. die verwüsteten Gründe und zerstörten Wuhrbauten nicht miteinge- rechnet. Um 300 Einwohner waren vom Rheineinbruch direkt betroffen, der Nahrungsmittel für Mensch und Vieh ganz oder teilweise beraubt. Ein Wiederaufbau erforderte bei der Armut des Landes beinahe über- menschliche Anstrengungen. «Liechtenstein war durch diese Kata- strophe an den Rand eines wirtschaftlichen Ruins geraten»26 und auf fremde Hilfe angewiesen. Unter dem Vorsitz von Landesvikar Jacob Anton Carigiet konstituierte sich ein Hilfsverein,27 um die Ärmsten mit Geld und Naturalien zu unterstützen. Fürst Alois traf folgende Sofort- massnahmen:28 Ermächtigung des Oberamtes zur Gewährung von Vor- schüssen, um die schlimmste Not zu lindern und die dringendsten Wuhrbauten vorzunehmen; Bereitstellung der Überschüsse aus Zoll- und Weggeldeinnahmen für Wuhrbauten; 750 fl RW Beitrag an den Hilfsverein; vorläufige Zurückstellung von Rentforderungen an Ge- schädigte; Instruktion an den Bundestagsgesandten von Holzhausen, einen Aufschub der für 1846 vorgesehenen Militärkontingentsinspektion zu erwirken.29 Der Fürst, der sich im August 1847 persönlich von der 25 LRA NR 90/-. Ganzes Bündel betr. Rheineinbruch von 1846 und dessen Fol- gen; ebenfalls HKW H 1611. Die Oberamtsberichte vom 30. Juni, 8. 13. und 22. Juli, 6. und 16. August 1846 schildern den verzweifelten Kampf der Einwohner gegen die Rheinfluten, die mühsamen, vom Rhein immer wieder zerstörten Aufbauarbeiten und die Not der betroffenen Menschen. 26 Quaderer, S. 116. 27 Der Hilfsverein hatte laut Verzeichnis vom 11. Jan. 1848 (LRA NR 90/-) 10152 fl 12 kr RW an Unterstützungsgeldern erhalten. Auch aus der Nach- barschaft kam Hilfe. So ergab z. B. eine Sammlung der Stadt Feldkirch 1600 fl 52 kr RW (Oberamtsbericht vom 13. Juli). Die schweizerischen Nachbargemeinden halfen spontan mit bei den Aufräumungsarbeiten, (vgl. HKW S 305, 1846/Nr. 8512. Protokoll der 23. Sitzung der Bundestagsver- sammlung vom 6. August 1846). 28 Reskript des Fürsten an die liechtensteinischen Gemeinden, Seebenstein. 25. Juli 1846. (Schädler Akten 261; Regest im JBL 7 (1907), S. 146). 29 Der Liechtensteinische Bundestagsgesandte schilderte im deutschen Bundes- tag zunächst die schlimmen Verheerungen in Liechtenstein und wies da- rauf hin, dass eine Einberufung der Mannschaft — die Inspektion hätte in Sigmaringen stattfinden sollen — auf erbitterten Widerstand der Bevölke- rung stossen werde. Denn während die Schweizer Nachbarn spontane Hilfe gewährten, nähme der Bund in Notzeiten so unbedingt benötigte Arbeits- kräfte weg. Holzhausen stellte Antrag auf Aufschub der Inspektion. Die Bundesversammlung fasste darauf den Beschluss, den Antrag der liechten- steinischen Regierung der Militärkommission mitzuteilen, welche ein Gut- achten zu erstellen habe, «wie (im Falle der Gewährung) der durch Aus- setzung der Musterung des liechtensteinischen Bundeskontingents sich 
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