Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1972) (72)

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts hatte der Mais die übrigen Getreide- arten in ihrer Bedeutung bereits übertroffen. 1815 schreibt Schuppler, nachdem er «Türkenkorn» und Erdäpfel als «bedeutendste Erzeugnisse des Landes» genannt hatte:22 «Von Halmenfrüchten werden Fäsen (Spelz) doch nicht bedeutend, noch weniger Winter, und Sommergerste, und äusserst selten Waizen, und Roggen; Haaber, Erbsen, Linsen, Wicken und Klee jedoch gar nicht gebaut.»23 Weizen-, Korn- und Gerstenanbau, die vor 1800 den Grossteil der Ackerfläche eingenommen hatten, be- hielten im 19. Jahrhundert noch eine gewisse Bedeutung. 1871 waren 3/8% der Landesfläche mit Korn, 
2/s°/o mit Weizen und VsVo mit Gerste angebaut.24 Diese Anbausorten belegten somit zusammen nur 6% des gesamten Ackerlandes. Andere Agrarprodukte, wie Roggen, verschiedene Hülsenfrüchte und Rüben waren nur von untergeordneter Bedeutung. In der ersten Jahrhunderthälfte versuchten es einige Bauern auch mit Tabakanbau, der schliesslich mit der durch den Zollvertrag von 1852 bedingten Einführung des Tabakmonopols verboten wurde.25 Vor allem im Unterland wurde mit gutem Gewinn Flachsbau betrie- ben. Auch Hanf wurde zum häuslichen Gebrauch angebaut.26 Seitdem aber die billigen Baumwollwaren immer mehr aufkamen und die teure- ren Leinenstoffe verdrängten, ging auch in Liechtenstein der Hanf- und Flachsanbau immer mehr zurück.263 1871 nahm der Flachs- und Hanf- bau noch 1 °/o der gesamten Ackerfläche des Landes ein.27 Wie bereits erwähnt, fehlte im liechtensteinischen Ackerbau der al- ten Wirtschaftsordnung eine bestimmte Fruchtfolge.28 Erst nach der allmählichen Abkehr von der tradierten Wirtschaftsmethode wandten 22 LRA LBS, S. 30. 23 a. a. O. 24 LRA 1871/Nr. 1211. Statistische Tabelle. 27. Dez. 1871. 25 LRA NR 103/87. 21. Juni 1853. Zirkular an alle Gemeinden. 26 LRA LBS, S. 30 f. 26a «Liechtensteiner Landeszeitung», Nr. 27, 31. Dez. 1864 «Hanf- und Flachs- bau». — Der Zeitungsartikel rief zu verstärktem Anbau von Flachs und Hanf auf, da sich die Baumwollweberei damals vorübergehend in einer Krise befand. 27 LRA 1871/Nr. 1211. Statistische Tabelle. 27. Dez. 1871. 28 Vgl. oben, S. 154 — 158. — Dazu ein Zitat aus der Liechtensteiner Landes- zeitung», Nr. 19, 7. Nov. 1863, S. 74: «Unsere Leute bauen jahraus jahrein den herrlichsten Türken auf dem gleichen Boden, von Fruchtwechsel keine Rede, höchstens wird einmal mit Weizen oder Roggen abgewechselt. Diese Resultate verdanken wir einzig dem vorzüglichen Verfahren in der Dün- gung des Maisfeldes, indem bei der Aussaat in jedes Saatloch ein Kübel voll Abtrittgülle gegossen und dann das Samenkorn erst eingelegt wird. Im Sommer werden die Pflanzen mit dem gleichen Dünger noch einmal begossen. Das Verfahren ist kostspielig, aber von eclatantem Erfolg beglei- tet. Da ist chinesische Landwirtschaft — seit den Forschungen Liebig's ist das ein Ehrentitel.» 166
	        

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