Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1972) (72)

wurde in den folgenden Jahren vollzogen. Damit war der entscheidende Schritt zur Auflösung des Lehensverbandes in Liechtenstein getan. Die Ablösung sämtlicher auf dem alten Lehensverband beruhender Grund- lasten wurde zwar nie förmlich verfügt, war aber durch Vergleich zwi- schen Lehenszinsberechtigten und -Pflichtigen bis Ende der 60-er Jahre im wesentlichen abgeschlossen.149 Gleichzeitig mit den verschiedenen Lehenzinsen waren jeweils auch die Laudemien abgelöst worden. Alle Lehengüter wurden freies Eigentum der Lehensnehmer. Zwar war schon früher die Beseitigung bestimmter Lasten zu erlan- gen versucht worden.150 Der erste umfassende und energische Vorstoss kam aber erst im Revolutionsjahr 1848.151 Unter den Forderungen der Märzausschüsse befand sich auch die nach einer unentgeltlichen Auf- hebung der noch bestehenden «Feudallasten,152 als namentlich die Fasnachtshenne, die Fronden, Schäfhaber, Vogelrecht, Laudemien von den verkauften Lehen, Lieferungen von Dünger in die Herrschaftswein- gärten, überhaupt alle derartigen Gefälle wess Namen sie sind, die aus 149 Es ist dies aus den Rentrechnungen dieser Jahre zu entnehmen, wo die entsprechenden Einnahmeposten allmählich verschwinden. (Vgl. LRA Rechnungsbücher). — Auf eine Anfrage des Fürsten hin (2. Juni 1865), «ob eine Ablösung der Lehen auf gesetzlichem Wege oder im Vergleichs- wege» grosse Schwierigkeiten hätte, riet Landesverweser von Hausen zur Ablösung im Vergleichswege. (HKW 1865/Nr. 8282, 19. Juli 1865). - Der noch bestehende Lehenverband hatte keine besondere Bedeutung mehr. 150 So weigerte sich der Maurer Bürger Andreas Oehry, die Fasnachthenne zu geben und seine Dungfuhr zu liefern. Nach einem längeren Prozess (1792 —1795) musste er schliesslich nachgeben und Abbitte leisten. (LRA AR Nr. 9, Fasz. 8/11). — Im Bittgesuch von 1819 wurde unter anderem ohne Erfolg die Überlassung des Weggeldes gefordert, um die bisher im Frondienst verrichteten Strassenarbeiten bezahlen zu können. (Quaderer, S. 52 f.). Im übrigen wurden bis 1848, weder in den Bittgesuchen von 1817 und 1819, noch während der Unruhen von 1831/32, Forderungen im Sinne einer allgemeinen Grundentlastung und Bauernbefreiung gestellt. — Vgl. Quaderer, S. 41 - 121. 151 Das Revolutionsjahr 1848 und die Verfassungsarbeit 1848/49 in Liechten- stein sind eingehend behandelt bei Geiger, S. 52 — 124. — Die Gesetze vom 7. Sept. 1848 und 4. März 1849 brachten die allgemeine Grundentlastung in Österreich. Die Grundherrschaft und das entsprechende Untertänig- keitsverhältnis wurden aufgehoben, alle Arten von Grundzinsen, Zehnten und Fronen teils aufgehoben, teils entgeltlich abgelöst. (Vgl. Stolz, Rechts- geschichte, S. 389 f., und Lütge, Agrarverfassung, S. 263 — 266). Diese Vor- gänge in Österreich hatten sicher auch einigen Einfluss auf Liechtenstein. 152 Unter «Feudallasten» wurden nicht mehr nur die aus dem mittelalterlichen Lehenswesen entspringenden Abgaben und Leistungen verstanden, son- dern auch solche, die auf der ursprünglichen Leib- und Gerichtsherrschaft beruhten. (Z.B. Fasnachtshennen). — In der schon erwähnten Übersicht des Regierungsamtes über die sog. «Feudallasten» wird abschliessend ge- sagt, dass diese keineswegs alle unter den Begriff «Feudale» gehörten. Es sei unklar, was man unter dem Ausdruck «Feudallasten» zu verstehen habe. (HKW 1863/Nr. 6357. 25. Mai 1848. RA an Fürst). 130
	        

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