Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1972) (72)

Pflichten übernahmen, wurde der Gemeinbesitz wesentlich entlastet. — Von einiger Bedeutung war auch die Tatsache, dass Gemeindeboden wie der Lehenboden durch den Nutzniesser nicht mit Schulden belastet werden und nicht, wie das Privateigentum des Bauern, leicht in andere Hände gelangen konnte.328 Solange die Gemeinheiten und das eingefriedete Sondereigentum zur Ernährung der Bevölkerung vollauf genügten, war dieses alte System der Bodennutzung unbestritten. Erst seitdem es wegen der Bevölke- rungszunahme zu besonderen Festlegungen der Nutzungsrechte am Gemeineigentum und zu verschiedenen Einschränkungen der Nutzungs- berechtigung kam, begannen sich Ungleichheiten und Ungerechtig- keiten auszubilden. Es kam zu Streitigkeiten. Immer wieder war Ge- meindeboden zur Sondernutzung (meist Ackerbau) an die «zugsberech- tigten Hausräuche» verteilt und eingezäunt worden. Die Besitzer von Häusern, die mit solchen alten Gemeindsteilungen ausgestattet waren, suchten insbesondere im 18. Jahrhundert ihre Nutzungsberechtigung zu wahren und gleichzeitig gegenüber den Ansprüchen von neu gegründe- ten Haushaltungen und Zugewanderten abzuschliessen. Aus diesem Grunde sollten der Bau neuer Häuser, der Zuzug und die Einbürgerung von Fremden und die weitere «Einschlagung» von Gemeinheiten zur Austeilung an neu nutzungsberechtigt gewordene Bürger verhindert werden. Die Nutzungsrechte an der Allmend sollten ausschliesslich auf eine bestimmte Anzahl von Häusern fixiert werden. — Aufgrund der aufgezeigten Entwicklung waren die Zustände in den Gemeinden im- mer unhaltbarer geworden. Eine Mehrheit von alteingesessenen Vieh- besitzern hielt zäh an der alten Wirtschaftsordnung fest, die auf einer extensiven Nutzung des um die Dörfer liegenden Weidelandes beruhte. Diese Mehrheit hatte auch den schon früher zum Sondernutzen ausge- schiedenen und verteilten Gemeindeboden inne, verhinderte aber eine weitere Abteilung von Weideland zur intensiveren Nutzung an nut- zungs- bzw. zugsberechtigt gewordene Mitbürger. Dies mag zunächst aus einer eigennützigen Haltung der Viehbesitzer heraus geschehen sein. Die Bauern dürften aber auch gespürt haben, dass mit der Ver- teilung der Gemeindeweiden eine grundsätzliche Änderung der jahr- hundertealten landwirtschaftlichen Betriebsweise verbunden war, ge- gen die sie sich, in der Tradition verhaftet, zur Wehr setzten. Die Ge- meindeweiden auf der Allmende, also auf Weideland, im Gemeinde- wald und auf brach liegenden bzw. abgeernteten Ackerböden war Grundlage der gesamten Viehhaltung gewesen. Der Entschluss, die Gemeindeweiden aufzuteilen und anzubauen, bedeutete eine grund- 128 Nach der Grundentlastung und Bauernbefreiung, sowie der Auflassung der gemeinsamen Atzung war der Weg frei für eine beträchtliche Erwei- terung des Ackerbaus, insbesondere des Futtermittelanbaues, was die Stall- fütterung und damit die Vergrösserung des Viehstandes ermöglichte. — Vgl. unten, S. 152-158. 122
	        

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