Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1971) (71)

musste, ergaben sich neue organisatorische Aufgaben. Da die geteilte Einquartierung die Auslagen für Organisation, Verpflegung und Be- wachung vermehrte, wurde die Gruppe Schellenberg am 10. Mai auch nach Ruggell verlegt. Zu diesem Zweck wurden dort zwei Baracken errichtet. Als gesonderte Gruppe blieb nur General Holmston mit sei- nem Stabe in Gamprin bestehen. Die innere Lagerorganisation und die Besorgung der Verpflegungs- arbeiten wurden den Internierten selbst übertragen. Die Offiziere er- hielten das Recht, sich im Lager nach eigenem Ermessen zu verteilen. Die Mannschaften bekamen Unterkünfte im Schulgebäude und in den beiden Baracken. In der Turnhalle wohnten die Offiziere. Die Frauen auf der abgeschlossenen Bühne und in der Garderobe. Der russische Kommandant des Lagers Ruggell war Oberst Riasniansky. Die staat- liche Oberaufsicht über die Interniertenlager führte bis zum 1. Septem- 1945 Regierungsrat Pfarrer Frommelt. Die ständige Bewachung des Lagers erfolgte durch drei Mann liechtensteinische Polizei. Die mitge- brachte Ausrüstung der Lagerinsassen erwies sich als sehr mangelhaft, sowohl in Bezug auf Kleidung als auch auf Gebrauchsgegenstände. Dagegen war der durchschnittliche Gesundheitszustand der Insassen als gut zu bezeichnen. Eine Ausnahme bildeten einige chronisch er- krankte Soldaten und ein Offizier mit offener TBC, der am 21. 8. 1945 im Spital in Vaduz verstarb. Nach einer fünfwöchigen Quarantänezeit meldete sich ein Teil der Mannschaften freiwillig in die landwirtschaftliche Arbeit. Am 21. Juni waren es 125 Mann. Ein anderer Teil stellte Kinderspielzeug und Haus- haltsgegenstände her. Die Bauern erhielten die Russen am Morgen zur Arbeit, und am Abend mussten diese wieder ins Lager zurückkehren. Das «Liechtensteiner Volksblatt» schreibt am 30. 6. 45: «Ein grosser Teil des Lagers ist bei den Landwirten im Land herum tätig. Im all- gemeinen hört man sich über die Russen nur zufrieden äussern. Es macht unserer Bevölkerung aber Ehre, dass sie nicht nur dem Lande den Arbeiter zahlt, sondern das gewiss nicht beneidenswerte Los dieser Leute durch private Beigaben erleichtern will.» Auch die Absicht der liechtensteinischen Lagerleitung war von Anfang an weniger darauf gerichtet, Arbeitskräfte zu gewinnen als durch die Arbeit bei den Bau- ern den Insassen bessere Nahrung zukommen zu lassen. Denn ihre Ver- pflegung erfolgte, wie auch bei den Landeseinwohnern, nach den Ra- 76
	        

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