Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1971) (71)

örtliche Widerstandsbewegung die Parole aus, in der Nacht vom 2. auf den 3. Mai gegen die Parteifunktionäre und das Militär loszuschlagen. Aber «die Aktion musste unterbleiben», berichtet Georg Schelling, «nicht zuletzt, weil am Tage zuvor 400 Mann indische SS in Feldkirch und ebensoviele Nazirussen (Wlassowleute) in Nofels eingetroffen waren. Dadurch waren die Aussengemeinden von diesen unheimlichen Gesellen, deren Gesinnung niemand kannte, so in Anspruch genommen, dass eine Volkserhebung ein zu riskantes Unternehmen gewesen wäre.» So hatte das blosse Erscheinen der Russen, ohne dass sie es ahnten, auf die politische Lage in Feldkirch mit eingewirkt. Alsbald erfuhren jedoch die Feldkircher aus Gesprächen mit ihnen, dass sie von den Deutschen zutiefst enttäuscht waren und keinerlei Sympathien für sie hegten. An- dererseits Hessen sie auch keinen Zweifel darüber bestehen, dass sie sich den Franzosen nicht ergeben, sondern kämpfen würden, da sie von diesen Auslieferung an die Sowjets und damit der sichere Tod er- wartete.1 Und wie Russen besonders in verzweifelten Lagen sich zur Wehr setzen können, das hatte man nicht erst im zweiten Weltkriege erfahren. Tatsächlich war der gesamten Truppe Kampfmunition ausge- teilt worden. Der Gedanke liegt nahe, dass man sowohl auf der öster- reichischen als auch auf der liechtensteinischen Seite daran interessiert sein musste, ein Blutvergiessen an der Grenzlinie zu verhindern.2 In der Nacht vom 2. auf den 3. Mai erfolgte dann, wie wir berichte- ten, der Übertritt der russischen Truppenabteilung über die liechten- steinische Grenze. Damit war, wie Obstlt. Kaschirin schreibt, der einen Vergleich mit dem russischen Feldmarschall Suworow im Jahre 1799 zieht, «der Übergang über die politische Teufelsbrücke» vollzogen und «die Kader der Armee gerettet.» In seinem Bericht heisst es weiter: «Wir haben den ganzen Krieg hindurch unmittelbar an der Front ger gen die UdSSR gekämpft. . . Wir haben weder einen Offizier noch einen Soldaten an andere Fronten gegen andere europäische Völker abgegeben. Wir haben nicht einen einzigen Schuss abgefeuert gegen 1 Schelling, S. 128 - 129. 2 LRA, Nr. 230/43, «Russische Internierte» (Akt über die Entscheidung der FL Verwaltungsbeschwerdeinstanz v. 11. 1. 46). Der russ. Major Eugen Moessner bezeugt: «Durch den Grenzübertritt wollte die Truppe den von Norden her vorrückenden Streitkräften der französ. Armee kampflos aus- weichen.» 65
	        

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