Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1970) (70)

sollte sich dafür verwenden, dass das Fürstentum in der Einheit Deutschlands ein freies, selbständiges Ganzes bleibe und dass die bis- her nur schwer zu tragenden Lasten des Bundes der materiellen Be- schränktheit des Landes angepasst würden. Insbesondere bat man den Fürsten, die Aufhebung der Zollschranken, die den freien Handelsver- kehr Liechtensteins mit den übrigen deutschen Staaten hinderten, zu erwirken. Gewerbe, Handel und Handwerk sollten gefördert und der Hausierhandel dagegen verboten werden. Von den Auswanderern nach Amerika sollte kein Abzugsgeld mehr erhoben werden.40 Das Steuer- system sollte verbessert werden, indem eine Vermögenssteuer einge- führt und dafür der Salzaufschlag vermindert würde. Zugleich forderte man, dass alle Grundstücke gleichmässig zu den Gemeindelasten her- angezogen würden. Die speziell aufgeführten «Besonderen Wünsche und Anliegen» der Gemeinden betrafen die Aufhebung von Gewerbe- monopolen — wie Mühlen, Hanfreiben und Ziegelhütten —, einige Feudalien, Gemeinderechte und Streitfälle zwischen Gemeinden. Diese erweiterten Wünsche und Forderungen der zweiten Adresse an den Fürsten stellten das vor, was man in der ersten Schrift vergessen hatte. Bemerkenswert sind die das Schulwesen und die Volkswirtschaft betreffenden Wünsche. Das erstere, ein besonderes Anliegen von Peter Kaiser, hatte auch einen politischen Zweck: Dem Volk politische Rechte zu geben, war nur dann sinnvoll, wenn es sie auch vernünftig zu gebrauchen fähig war. Das Verlangen nach Verbesserung des Steuer- systems und nach gleichmässiger Belastung der Güter weist auf die Idee der sozialen Gerechtigkeit hin und zeigt zugleich, dass man nicht nur die Aufhebung aller Verbindlichkeiten verlangte, sondern die Lei- stungen der Bürger an den Staat als notwendig erkannte. Insofern war Menzingers Kritik, man fordere nur, ohne geben zu wollen,41 nicht ganz gerechtfertigt. Eine Unklarheit ergibt sich bei der Beurteilung der recht radikal klingenden Forderung nach Ausschluss des geistlichen Standes von der Volksvertretung. Gewiss mochten die Geistlichen, die unter dem Bischof von Chur standen und überwiegend aus Graubün- 40 Das Abzugsgeld betrug 10 °/o des gesamten Vermögens; Oberamt an Hof- kanzlei, 13. Juli 1847, LRA XCII/83, ad 235. 41 Menzinger an Fürst, 29. Mai 1848, HK 1863/10370 (1848/6624). 67
	        

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