Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1970) (70)

Die einzelnen Gemeinden waren allerdings sehr unterschiedlich darin vertreten.29 Dies störte aber niemanden, da es nur um die Anmeldung der Volksbegehren ging und sich ohnehin alle über die Richtung der- selben einig waren. Noch wusste man nicht, dass der Fürst bereits generelle Zugeständnisse gemacht hatte. In einer von Peter Kaiser entworfenen und von allen Ausschüssen unterzeichneten Adresse an den Fürsten wurden die Ansichten und Wünsche der Liechtensteiner ausgesprochen. Sie hebt bezeichnend an: «Durchlauchtigster Fürst ! Die Art, wie wir bisher verwaltet und re- giert wurden, ist für unser Ländlein zu kostspielig, das Grundeigen- thum zu schwer belastet. Wir haben nur zu lange unter diesem doppel- ten Drucke gelitten. So ergreift auch uns die Bewegung, welche ganz Deutschland durchzuckt und an alle Throne klopft: auch wir wollen eine freiere Verfassung, Entlastung des Grundeigenthums, wir wollen in Zukunft als Bürger und nicht als Unterthanen behandelt sein.»30 Hier sprachen in der Tat bereits Bürger, denn sie baten nicht mehr, 29 So sandten Vaduz und Triesen je 8 Vertreter, während aus Mauren und Eschen je 16 erschienen, obwohl die erstgenannten Gemeinden mehr Ein- wohner zählten. Das zahlenmässig schwächere Unterland war hier stärker vertreten als das Oberland, siehe oben Anm. 28. 30 Adresse vom 22. März 1848, Original im HK 1863/10370 (Beilage 2/2 zum Vortrag 1848/6357); Kopien im LRA Schädler Akten 264 und LRA C/3, ohne Unterschriften. Die Adresse entspricht wörtlich Peter Kaisers Entwurf im LRA Peter Kaiser Akten ad 265. — Ebda, befindet sich noch ein ähnlicher Entwurf von Peter Kaiser, der noch wesentlich pathetischer und bedeutsa- mer beginnt: «Der Ruf nach Freiheit, der durch die deutschen Gauen so mächtig schallt, er ist auch in unser abgelegenes, armes Bergländlein ge-_ drungen und hat einen freudigen Widerhall gefunden. Die Freiheit ist da nicht ein unbekanntes Gut; aber eine trübe Zeit hat sie uns verkümmert, sie schwand zu einem Schatten unter der Last eines neuen Bevormundungs- und Verwaltungssystems, das in unser Ländchen aus einem grossen Staate eingeschleppt wurde. Diesem System ist in dem Lande seines Ursprungs das Todesurtheil gesprochen worden . . Es ist hohe Zeit, einzulenken und zu einem einfachen, freien System zurückzukehren. Wir gehen sonst ökono- misch und moralisch zu Grunde: unsere Berge heben ihre Häupter gerade und frei zum Himmel und rufen uns zu, was unsere Vorfahren gethan und was wir thun sollen.» Mit dem «grossen Staat» spielte Kaiser auf das Metternich'sehe Österreich, mit dem «neuen Bevormundungs- und Ver- waltungssystem» auf die Regierung in Liechtenstein seit 1809 an. Vgl. da- zu Kaiser, S. 500 ff. 60
	        

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