Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1970) (70)

Anlässlich des 50-sten Todestages von Aloys Prinz Liechtenstein, der am 25. März 1920 in Wien verstarb, ist es sicherlich von Interesse, sich dieses Mitgliedes des Liechtensteinischen Fürstenhauses zu erinnern, das in der Innenpolitik der Österreichisch-Ungarischen Monarchie eine nicht unbedeutende Rolle gespielt hat. Sein insbesondere der Sozial- politik gewidmetes Lebenswerk ist zwar heute grösstenteils vergessen. Es ist jedoch nicht ohne Nachwirkung geblieben. Auch manche seiner viel beachteten Reden im österreichischen Parlament sind heute noch lesenswert und zeugen von einer erstaunlichen Vorausschau. Prinz Aloys wurde am 18. November 1846 in Wien als zweiter Sohn des Fürsten Franz geboren. Er war somit der Bruder des Prinzen Alfred, des Grossvaters des reg. Fürsten Franz Josef II. Der junge Prinz, dem Mut und Begabung angeboren waren, wählte nach Absolvierung seiner juristischen Studien und des Militärdienstes die diplomatische Karriere. Als österreichischer Gesandtschaftsattache war er zunächst 1870 und 1871 in London tätig. Hier stösst er wohl zum ersten Mal auf jenes Problem, das ihn sein Leben lang beschäftigen wird: Die soziale Frage im Industrie-Zeitalter. Die Auswirkungen der stürmischen Industrialisierung in England, die liberale Wirtschaftspolitik, die Not der Industriearbeiter, die Entste- hung des Proletariats einerseits, aber auch die Massnahmen des eng- lischen Staates zur Linderung der ärgsten Not, die Anfänge der Sozial- Gesetzgebung, alles das beeindruckt den wachen Geist des Prinzen nachhaltig, ebenso wie der sich anbahnende Kontakt zu christlichen Sozialreformen und die politische Haltung des englischen Adels. In London empfing Prinz Louis, wie er im Familienkreis genannt wurde, nicht nur seine politischen Anregungen, die sein späteres Leben prägen sollten, sondern er fand dort auch in Mary Fox, Adoptivtochter von Lord und Lady Holland, seine spätere Frau. Die Familie Fox ge- hörte zu den bedeutendsten englischen Politiker-Familien in der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts und das ehrwürdige Holland House war ein kulturelles Zentrum des alten London, als Prinz Aloys dort weilte. Mary Fox, die er ein Jahr später im Beisein des Prinzen von Wales in der katholischen Pfarrkirche von Kensington heiratete, gebar ihm vier Töchter, starb aber schon in jungen Jahren an Tuberkulose. Erst Jahrzehnte später fand Prinz Aloys in zweiter Ehe in Johanna von Klinkosch nochmals eine kluge und treue Gefährtin. 517
	        

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