Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1970) (70)

mische Krankheiten günstigen Nährboden fanden, besonders unter den Neugeborenen. Genauso wie im benarchbarten Vorarlberg grassierten 1796 auch in Liechtenstein die «Kinderblattern» oder Pocken. Die un- geheuer hohe Sterblichkeit von 73 Personen in Balzers und 109 Per- sonen (darunter 86 Kinder) in Schaan sind eine furchtbare Bilanz. Viele der überlebenden Kinder traf das Schicksal wohl noch härter, denn infolge der Krankheit siechten sie «als Stumme, Taube, Blöd- sinnige dahin. Eines wurde in der Blatern Krankheit blind: ein anderes hat von dorther in den Schenkeln beständige Öffnungen, woraus an- haltend Eiter fliesst». An der hohen Kindersterblichkeit waren nicht nur die beengten Wohnungsverhältnisse und die «sparsame und unterschiedliche Nah- rung» schuld. Was in Liechtenstein fehlte, waren auch Hebammen. Vom einzigen Arzt, dem in Vaduz lebenden «Chyrurgus Grass», wel- cher auch Strasseninspektor war, konnte man in medizinischer Hin- sicht nur wenig erwarten. Im Jahre 1799 kommt es wieder zu einem Ansteigen der Sterbe- ziffer, mit einem Höhepunkt .1801 (daselbe Bild zeigt auch Feldkirch). Diesmal handelte es sich um das sogenannte Faul- und Nervenfieber, worunter wir Typhus zu verstehen haben. Die Krankheit trat zuerst bei den am Rhein auf Vorposten stehenden Vorarlberger Landeskpm- panien auf und breitete sich dann auf die Zivilbevölkerung der am Rhein gelegenen Ortschaften aus. Dr. Kögl und Griss, letzterer in Liechtenstein auch Sachverständiger in der Bekämpfung von Viehseu- chen, berichteten über das Krankheitsbild, die Ursachen der Epidemie: «Diese Krankheit . . . .ergreift, wie sie in ein Haus kommt, mehrere, manchmal alle .... im verflossenen Herbst (1799), und Anfangs Winter war die Krankheit bald entzündlicher, katarrhalischer, oder rheumatischer Art; späterhin war es ein Nervenfieber, und izt etwas faulichter Art .... Krankheits Ursachen sind im vorigen und gegen- wärtigen Jahre genug. Sorg, Kummer, und Angst zernagten die Kräfte des Geistes, und Körpers. Die vergangene üble nasse Sommerwitterung; der Genuss schlechter, unzeitiger Nahrungsmittel; Mangel, und gänz- licher Abgang des Weins, und Branntweins bey dem Bauersmann; die starken Einquartierungen, wo manchmal eine ganze Familie im Keller, oder einer elenden Kammer den strengen Winter grösstenteils zubrin- gen musste; sind hienreichend eine solche Krankheit zu erzeigen, und zu unterhalten. Reinlichkeit in den Häusern, Auslüften, und Ausräu- 469
	        

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