Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1970) (70)

schaft. Beim Zehnten waren sogar der Bischof von Chur, der österrei- chische Religionsfonds und der österreichische Kaiser in einzelnen Fäl- len Empfänger. Die Feudallasten waren weniger wegen ihrer Höhe als vor allem deshalb ein ständiger öffentlicher Anstoss, weil ihre rechtliche Begründung grösstenteils Jahrhunderte zurücklag und nicht mehr klar ersichtlich war.124 Die Befreiung von diesen Auflagen war denn auch in ganz Deutschland zu einer Forderung des «nationalen und liberalen Zeitgeistes» geworden.125 Die Volksbildung steckte in Liechtenstein noch in den Anfängen. Seit 1805 war wohl die Schulpflicht eingeführt,120 doch lag das Schul- wesen noch lange im argen.127 Einziger Schultypus war die Elementar- schule, deren Lehrer nur mangelhaft ausgebildet waren.128 Ausserdem zeigte sich die Bevölkerung ausgesprochen schulfeindlich.129 Es man- gelte dem Land ein geistiges, Kultur und Politik förderndes Zentrum: Es gab keine Stadt, deren Bürger sich Bildung hätten aneignen und zu einem politischen Selbstbewusstsein gelangen können. Auch der Für- stenhof fehlte, der in manchen andern deutschen Kleinstaaten einen kulturellen Sammel- und Ausstrahlungspunkt bildete. Alois II. resi- dierte wie seine Vorfahren in Wien und auf seinen Schlössern in dessen Umgebung. Er war ebensosehr Gutsherr und österreichischer Lehen- träger wie souveräner deutscher Fürst; mit Stolz nannte er sich einen 124 Vgl. den Bericht des Regierungsamts vom 25. Mai 1848, HK 1863/10370 (1848/6357). 125 Stolz, Rechtsgeschichte, S. 389. 126 Malin, S. 83 f. 127 «... die Volksbildung und Erziehung war und blieb der schwächste Theil der Verwaltung», schrieb Peter Kaiser 1847, Kaiser, S. 506; vgl. Quaderer, S. 136 ff. 128 Quaderer, S. 166 f. — Bericht von Kurat Wolfinger über die Schulprüfun- gen, 29. Apr. 1851, LRA XIVC; ebda, weitere Zeugnisse. Vgl. Martin, S. 51 ff., 56. Am 16. Sept. 1843 bestimmte Fürst Alois IL, dass die liechten- steinischen Lehrer in einem deutschen Staat ausgebildet werden müssten; ebda., S. 57. Die kümmerliche Besoldung der Lehrer regte freilich nicht zu besonderen Leistungen an. 129 Daher rührte ein Hauptübel, der äusserst schlechte Schulbesuch; vgl. Martin, S. 54 f.; Quaderer, S. 156 ff.; viele Zeugnisse im LRA XIVC. An- dererseits wurden doch in den 1830er und 1840er Jahren eine Reihe von Schulhäusern errichtet, Martin, S. 49 f.; Quaderer, S. 152 ff. 35
	        

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