Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1970) (70)

die 'Feldkircher Zeitung' stellte fest: «Der Ausfall der Wahlen bekun- det den gesunden politischen Sinn des Volkes.»74 Es fällt auf, dass unter den 15 Mitgliedern des Landtages drei Geistliche und drei vom Ausland Zugezogene75 waren, die ausser Pfarrer Gmelch allerdings vom Volk selber gewählt worden waren. Der Grund lag vor allem in den auf Bildung beruhenden Qualitäten. Gmelch fühlte sich geehrt, «als Bayer im liechtensteinischen Landtag sitzen zu dürfen».76 Neben den beiden Regierungsmitgliedern Kind und Marxer sass mit dem Landrichter auch das Haupt der ersten Gerichtsinstanz im Parlament: Somit waren wichtige Exponenten der exekutiven wie der richterlichen Gewalt zugleich in der Legislative vertreten; das Prinzip der Gewalten- trennung war allseitig durchbrochen, in noch weiterem Masse, als es die Verfassung schon tat. Wieder liefert der Mangel an quali- fizierten Persönlichkeiten eine teilweise Erklärung; im übrigen scheint man diesem Prinzip einfach keine grössere Beachtung geschenkt zu haben.77 In einer «vorberathenden» Sitzung am 10. Dezember wählte sich der Landtag Karl Schädler zum Präsidenten und Christoph Wanger 74 Feldkircher Zeitung, 3. Dez. 1862, Nr. 97, S. 386. 75 Pfarrer Gmelch aus Bayern, Reallehrer Fischer aus Würzburg (Bayern), Kessler aus Sigmaringen. 76 Ausspruch Gmelchs anlässlich der Landtagseröffnung, Feldkircher Zeitung, 31. Dez. 1862, Nr. 105, S.- 418. - Bei seinem Austritt aus dem Landtag im Jahre 1867 schrieb Gmelch an den Landtag: « . . ich bewundere eine Verfassung, die so hochherzig ist, dass sie dem Nichtinländer das Recht verleiht, an den unmittelbaren Angelegenheiten des Landes mitberathen- den Antheil zu nehmen»; Landtagsverhandlungen vom 31. Mai 1867, Lan- deszeitung 1867, Nr. 14, S. 53. - Der Fürst hatte am 26. Sept. .1862 ver- ordnet, dass bis zu einer gesetzlichen Regelung die im Land bleibend an- gestellten Beamten, Geistlichen und Lehrer, sofern sie nicht schon Landes- angehörige waren, als solche zu'betrachten waren und aktives wie passi- ves Wahlrecht zum Landtag genossen,, LRA 1862/XV/15; Dekret von Hau- sens, 10. Okt. 1862, ebda., Z 26. 77 Immerhin wollte Kessler 1866 wegen der «Unvereinbarlichkeit meiner Beamten- und Abgeordnetenstellung» aus dem Landtag austreten; Kessler an Landtag, 9. Juli 1866, Landeszeitung 1866, Nr. 18, S. 70. Der Landtag lehnte aber das Äustrittsgesuch «wegen nicht stichhaltiger Gründe» ab; Landtagsverhandlungen vom 18. Juli 1866, ebda., S. 70. 306
	        

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