Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1970) (70)

1871 die Justizpflege besser von der Verwaltung trennte.49 Indessen wurde in der konstitutionellen Staatsordnung die konsequente Durch- führung des Prinzips ohnehin verhindert,_ da der Fürst bei der Exeku- tive wie bei der Gesetzgebung entscheidend beteiligt war und ausser- dem durch sein Verordnungsrecht .selber Recht setzte, zwar nicht con- tra legem, aber im gesetzfreien Raum die bestehenden Gesetze ergän- zend und erläuternd.50 f) W'eitere Garantien der Verfassung Eine ganze Reihe von Einrichtungen wurden durch die Verfassung der Gesetzgebung ünd damit der Mitwirkung der Volksvertretung vor- behalten, so der Erwerb und Verlust des Staatsbürgerrechts und der Landesangehörigkeit (§ 6), die Gemeindeordnung (§ 22), die Kriegs- und Militärpflicht (§ 21) und die Kontingentsaushebung (§ 49), die Ablösung der Zehnten und Grundzinse (§ 15), die Verwaltung des Vermögens von Unterrichts- und Wohltätigkeitsanstalten. (§ 52), die Pressefreiheit und das Vereinsrecht — beziehungsweise deren Be- schränkung — (§§ 8, 18), Handels- und Gewerbeprivilegien (§ 17), die Beamtenpensionen (§ 48) und schliesslich die genaue Regelung der ministeriellen Gegenzeichnung und Verantwortlichkeit (§ 29) .51 Ein besonderes Hauptstück der Verfassung war den «Kirchenstif- tungen und Unterrichtsanstalten» gewidmet. Das Kirchengut und das Vermögen religiöser, schulischer und wohltätiger Stiftungen wurde dem Schutz der Verfassung unterstellt (§§ 51, 53). Damit wurde ein gewisser Einfluss des Staates auf die kirchliche Verwaltung insofern begründet, als dem Begriff des Schutzes immer zugleich ein Eingriffs- recht eignet.. Im übrigen aber erhielt das Verhältnis von Kirche und Staat keine Umgrenzung in der Verfassung und erfuhr so auch keine 49 Fürstl. Verordnung vom 30. Mai 1871," LGBI. 1871, Nr. 1; dazu die neue Amtsinstruktion vom gleichen Datum, ebda. 50 Vgl. Steger, S. 86; Pappermann, S. 74 ff. 51 Das Gesetz über die Gegenzeichnung und Verantwortlichkeit sollte sogar einen integrierenden Bestandteil der Verfassung bilden (§ 29); doch wurde es wie übrigens auch die Gesetze zur Kriegs- und Militärpflicht, zur Kon- tingentsaushebung, zur Pressefreiheit und zum Vereinsrecht in der Folge nicht geschaffen — was doch aufschlussreich für die Verfassüngswirklich- keit ist. 300
	        

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