Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1970) (70)

Der Fürst vertrat den Staat gegenüber andern Staaten. Im einzelnen war er dabei aber an den Landtag gebunden, da~ er ohne dessen Ein- willigung keine Verträge mit andern Staaten abschliessen durfte, durch welche Staatsgebiet, Staatseigentum oder staatliche Rechte veräussert, Lasten auf das Fürstentum und seine Bewohner übernommen oder Rechte derselben beeinträchtigt wurden (§ 23).. Dagegen verfügte der Fürst über das Militär und entschied über Krieg und Frieden (§ 38). Bedeutete dies in einem grösseren Staate den Besitz der faktischen Macht, so kam in Liechtenstein der Verfügung über die Armee keine praktische Bedeutung zu, umsomehr als die Aushebung der Mann- schaft nur durch Gesetz und mit Zustimmung des Landtages geschehen konnte (§ 49). • In der Gesetzgebung wirkten Fürst und Volksvertretung — nun , nicht Landrat, sondern Landtag genannt18 — theoretisch zu gleichen Teilen zusammen, indem ohne Mitwirkung und Zustimmung des Land- tages kein Gesetz gegeben, aufgehoben, abgeändert oder authentisch erklärt werden durfte (§ 24) und indem der Landtag das Recht der Ge- setzesinitiative gleich dem Fürsten besass (§ 41). Da freilich von den 15 Landtagsabgeordneten drei vom Fürsten ernannt wurden (§ 55) — ein wohl von Linde eingehandelter Preis für verschiedene Konzessio- . nen — und der Fürst allein das Recht hatte, den Landtag ordentlich und ausserordentlich zu berufen, zu schliessen, zu vertagen und insbe- sondere aufzulösen (§ 90), gewann er erheblichen Einfluss auch auf die Volksvertretung. Die Exekutive, die eigentliche «Regierungsgewalt», lag in der Hand des Fürsten und wurde durch verantwortliche Staatsdiener, welche der Fürst ernannte, ausgeübt (§ 27). Die Organisation der Staatsbehörden, auch der Gerichte, regelte der Fürst durch Verordnung, unter den ein- zigen verfassungsmässigen Bedingungen, dass die oberste Verwaltungs- behörde ihren Sitz im Lande selber haben (§ 28) und dass die Richter geprüft und verpflichtet und die Gerichte unabhängig von der Regie- rung sein mussten (§§ 33, 34); in der Formel, wonach die Gerichts- barkeit «im Auftrage des Fürsten» verwaltet wurde (§ 33), kam noch die 18 Im Original der Verfassung vom 26. Sept. 1862 wurde der Ausdruck «Laridrat» überall in «Landtag» abgeändert, mit Tinte, siehe oben S. 281 Anm. 120. 19 Vgl. Raton, S. 44. 292
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.