Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1970) (70)

das gereichte ihr zum ständigen Vorwurf, der sich auf die Existenz- berechtigung der Kleinstaaten überhaupt übertrug.88 Da die beiden Grossmächte im Bund sich bis 1848 über die wichtigsten politischen Fragen vorher absprachen,89 war die Stimme der Kurie allerdings von keiner Bedeutung, die Stellung Liechtensteins innerhalb derselben da- her unwichtig. Dies sollte sich ändern, sobald der latente österreichisch- preussische Machtgegensatz aufbrechen würde. Der Fürst ging als hoher österreichischer Adeliger im Deutschen Bund mit Österreich solidarisch: Der Gesandte war für Liechtenstein angewiesen, sich im allgemeinen bei Abstimmungen der Meinung des österreichischen Gesandten anzuschliessen.90 In der «Wahrhaftigen Geschichte vom deutschen Michel und seinen Schwestern», einer 1843 in der Schweiz erschienenen Satire auf den Deutschen Bund,91 wird der liechtensteinischen Anlehnung an Österreich denn auch spottend gedacht: «Als fein gebildete Fräulein lernten die Kleinen sich vor den Grossen artig verneigen. Dafür spielen zuweilen die Grossen mit den Kleinen; und es ist allerliebst anzusehen, wenn etwa die Austria ihre Schwester Vaduzchen auf den Händen trägt und auf die Frage: wie gross bist du? das Vaduzchen das Ärmchen in die Höhe streckt und mit Freude strahlenden Augen ruft: 'So gross !'»92 88 Vgl. die «Denkschrift über die Verhältnisse und Einrichtungen der sech- zehnten Kurie» vom 18. Juli 1851, von Schaumburg-Lippe, HK S 319, Nr. 8561. Um seiner Aufgabe voll zu entsprechen, hätte der Gesandte für jede Stimmabgabe die Instruktionen aller Höfe, dazu das abgegebene Vo- tum, alles in allem 72 Abschriften an alle Höfe mitteilen müssen. Da ihm dies nicht wohl zuzumuten war, war man übereingekommen, die Instruk- tionen von allen Höfen in neunfacher Ausfertigung ergehen zu lassen. Beides war indessen seit dreissig Jahren unterblieben, die Höfe unterrich- teten sich gegenseitig auch nicht über ihre Weisungen an den Gesandten. Bei einem von der Instruktion abweichenden Votum musste sich jeder Kuriathof von den andern Mitgliedern der Kurie überstimmt glauben ! 89 Vgl. Zechlin, Einheitsbewegung, S. 44. 90 Siehe oben Anm. 88. 91 Die wahrhaftige Geschichte vom deutschen Michel und seinen Schwestern. Nach bisher unbekannten Quellen bearbeitet und durch sechs Bilder von M. Disteli erläutert, Zürich und Winterthur, Verlag des Literarischen Comptoirs, 1843. 92 Ebda., S. 12. 29
	        

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