Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1970) (70)

wahrt wissen, da dies — etwa im Falle einer Invasion — gerade eine Voraussetzung für die Fortdauer der Staatstätigkeit des exponierten Ländchens werden könnte. Am Organisationsentwurf bemängelte Linde die Mehrheitsbeschlüsse der aus dem Landesverweser und zwei Regie- rungsräten bestehenden Regierung wegen ihres «ganz eigenthümlichen demokratischen Charakters».114 Mit dieser scharfen Kritik bäumte sich noch einmal der Verfechter der monarchischen Omnipotenz auf, um die Stellung des Fürsten und seiner Regierung vor der sonst unvermeidlich scheinenden Überwälti- gung durch die Volksvertretung zu bewahren und damit das Abgleiten in den 'verderblichen' Parlamentarismus westlicher Prägung abzuwen- den. Dass der Konstitutionalismus als eigene Staatsform eine gesunde Beständigkeit zu entwickeln fähig war und dass manchen der von Linde bekämpften Verfassüngsbestimmungen in der Wirklichkeit des kleinen liechtensteinischen Staatswesens eben nicht jene existentielle Bedeutung wie in grossen Staaten zukommen konnte — etwa dem Ver- fassungseid des Militärs —, bedachte Linde zu wenig. Grundlage der staatlichen Autorität konnten in Liechtenstein immer nur das Vertrau- ensverhältnis zwischen Fürst und Volk und zugleich die Vertrauens- würdigkeit der Regierung sein. Von Hausen, der im Laufe des Sommers selber nach Frankfurt reiste,115 erzielte in Verhandlungen mit Linde, dem landständischen Ausschuss und dem Subkomitee eine Verständigung. Auf dem Landtag vom 4. September 1862 beschlossen die Landstände noch einige wenige Änderungen und nahmen die Verfassung danach einstimmig an.116 114 Bemerkungen Lindes zum Organisationsentwurf, siehe oben Anm. 112. 115 . Von Hausen' hatte Linde wiederholt ersucht, nach Vaduz zu kommen, um die noch bestehenden Differenzen mit den Landständen zu bereinigen; ' von Hausen an Fürst, 28. Mai 1862, und Fürst an von Hausen, 13. Juni 1862, HK 1862/7046; Linde an Fürst, 8. Juni 1862, BAF Nachlass Linde 60. Linde war aber durch seine Gesandtentätigkeit daran gehindert worden; Liride an Fürst, 19. Juli 1862, ebda. Von Hausens Reise nach Frankfurt fand zwischen Ende Juli und Mitte August 1862 statt, wie aus den Briefen Lindes an deri Fürsten vom 19. Juli und 10. Sept. 1862 hervorgeht, ebda. Dazu auch von Hausen an Fürst, 13. Dez. 1862, HK 1863/1295 (1862/1012). 116 Obwohl man sich bereits auf die freie Form des Wahlrechts geeinigt hatte, banden die Landstände es auf dem Landtag wieder an die Haus- haltung; allerdings wurde, diese Einschränkung in'der endgültigen Ver- / 280
	        

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