Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1970) (70)

Schlussbestimmung, wonach die Verfassungsurkunde durch Siegel und Unterschrift des Fürsten wie des Landrates zu vollziehen, gegenseitig auszutauschen und im fürstlichen wie im landrätlichen Archiv zu ver- wahren sei, betont denn auch den Charakter eines Vertrags zwi- schen Fürst und Volk als gleichberechtigten Parthern. Demgegenüber musste freilich die Erklärung, dass die Staatsgewalt ungeteilt im Für- sten ruhe, zur formalen Verbrämung herabsinken. Der Entwurf der Landstände stellte eine sehr vollständige und recht liberale Staatsver- fassung dar. Obwohl der Entwurf von jenem ersten der Regierung be- trächtlich abwich, gestand von Hausen die Richtigkeit der von den Landständen angeführten Argumente für ihr Werk ein und bat den Fürsten «fussfällig», es anzunehmen.95 Gerade dieser erstaunliche Umstand — von Hausen desavouierte immerhin seinen eigenen 'Ver- fassungsplan — spricht ebensosehr für des Landesverwesers selbst- kritische Aufgeschlossenheit wie für das Einleuchtende des landstän- dischen Entwurfs. Beim Betrachten der Behandlung der Verfassungsfrage durch den Ausschuss und das Subkomitee der Landstände hat sich ein für die Beurteilung der liechtensteinischen Verfassungs- und damit Staatsent- wicklung entscheidender Befund ergeben: Man griff nach einem Jahr- zehnt der Reaktion wieder auf die 1848/49 geleistete Verfassungsarbeit zurück und verwendete sie in hohem Masse weiter. Damit erst gewin- nen auch die Bemühungen jener früheren Jahre ihre Bestätigung und ihre Bedeutung als Vorarbeit. War das geistige Ergebnis der Ausein- andersetzungen der Revolutionsjähre auf Seiten des Fürsten durch die Reaktion, den Regierungswechsel und neue konservative Einflüsse einer weniger fortschrittlichen Tendenz gewichen, so hatte es sich in den Exponenten des Volkes unvermindert lebendig erhalten. Wenn so die Wege wie Adern nach Inhalt und Form bis ins einzelne Wort blossgelegt werden können, dann wird deutlicher denn je daraus die Kontinuität in der liechtensteinischen Verfassungsentwicklung seit 1848 sichtbar. Es erwies sich der Bankrott der Reaktion, die nur ver- zögernd hatte wirken können. Als einzig positives Ergebnis der Warte- zeit zeigt die landständische Verfassungspolitik die gereifte Einsicht in die Notwendigkeit des politischen Kompromisses. Dass es noch weiterer Kompromisse bedurfte, um zu einer end- gültigen Einigung zu gelangen, war den Landständen und den zuge- 273
	        

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