Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1970) (70)

2. Liechtenstein als Mitglied des Deutschen Bundes Die völkerrechtliche Stellung von 1848 hatte Liechtenstein bei dei Neuordnung Europas am Wiener Kongress erhalten, wo der Deutsche Bund in Form eines lockeren Vereins unabhängiger Staaten' geschaffen worden war. Bei der Gründung des Bundes hatten die wenigen übrig- gebliebenen deutschen Kleinstaaten ihre Souveränitäts- und Mitsprache- rechte energisch verteidigen müssen.76 Sie erreichten, dass im Eingang der Bundesakte77 die Namen aller Mitglieder aufgeführt, sie in ihrer Souveränität bestätigt und in ihrem Bestand als unabhängig und unver- letzlich erklärt wurden. Die Bundesversammlung, das einzige gemein- same Organ des Bundes, bestand aus den Gesandten der 38 Mitglied- staaten.78 In der Regel trat sie als engerer Rat zusammen. Dieser zählte siebzehn Stimmen, von denen die elf grösseren Staaten je eine inne- hatten, während die kleineren Staaten zur Führung der restlichen sechs Stimmen in sechs Kurien zusammengeschlossen waren.79 Der Plenar- versammlung waren Entscheidungen über Grundgesetze des Bundes, über die Bundesakte, «organische Bundeseinrichtungen» und sonstige «gemeinnützige Anordnungen», dann besonders über Krieg und Frieden und über die Aufnahme neuer Mitglieder vorbehalten.80 Hier stand von- den insgesamt auf 69 festgesetzten Stimmen jedem Staat wenigstens eine zu, so auch Liechtenstein, dem bei weitem kleinsten Mitgliedstaat. Vergleichsweise verfügten die grössten Staaten — Österreich und Preussen — nur über je vier Stimmen im Plenum.81 Es bestand also ein krasses Missverhältnis zugunsten Liechtensteins. Zur Änderung des 76 Dies geht besonders eindrücklich aus den Berichten des liechtensteinischen Bevollmächtigten am Wiener Kongress, des Freiherrn Georg Walther Vin- cenz von Wiese, von März bis Juni 1815 hervor, HK 1815/2977. Vgl. Qua- derer, S. 201 ff. 77 Die deutsche Bundes-Acte vom 8. Juni 1815, in: Corpus Juris Confoedera- tionis Germanicae, hg. v. Phil. Ant. Guido von Meyer, ergänzt, v. Heinr. Zoepl, 2. Teil, 3. Aufl., Frankfurt a. M. 1859; darin die" Namen der Mit- glieder und der Bevollmächtigten. Diese fehlen im Abdruck der Bundes- akte bei Huber, Dok. I, Nr. 29, S. 75 ff. 78 Huber I, S. 584 f. Die Bundesversammlung wurde auch Bundestag genannt. 79 Deutsche Bundesakte, Art. 4; vgl. Huber I, S. 588 ff.; Quaderer, S. 207, 210. 80 Deutsche Bundesakte, Art. 6; dazu Schlussakte der Wiener Ministerial- konferenzen vom 15. Mai 1820, Huber Dok. I, S. 82. 81 Deutsche Bundesakte, Art. 6. 27
	        

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