Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1970) (70)

Vorschriften des bürgerlichen Gesetzbuches seit dessen Einführung allerdings nie anerkannt, so dass Staat und Kirche in einem latenten Konflikt lagen.70 Im Gerichtswesen war Liechtenstein ebenfalls eng mit Österreich verknüpft. Gemäss der Bundesakte musste Liechtenstein, da es weniger als 300'000 Seelen zählte, seine dritte Gerichtsinstanz mit andern Bun- desgliedern bilden;71 es schloss sich zu diesem Zweck 1817 an das Ober- landesgericht für Tirol und Vorarlberg zu Innsbruck an, das «oberste Justizstelle des souverainen Fürstenthums Liechtenstein»72 wurde.73 Zweite Instanz war die fürstliche Hofkanzlei in Wien,74 erste Instanz das Oberamt in Vaduz.75 Verwaltung und Rechtsprechung wurden also mit Ausnahme der dritten Instanz durch die gleichen Organe — Hof- kanzlei und Oberamt — ausgeübt. Vom gesamten Gerichtswesen lag nur die erste Instanz im Lande selber. Diese Angleichung an die österreichischen Rechts- und Verfassungs- verhältnisse erklärt sich einerseits aus der Zugehörigkeit der liechten- steinischen Fürsten zum österreichischen Hochadel, andererseits aus der geopolitischen Lage des Fürstentums. Zum deutschen Staatenkom- plex gehörend, hing es mit diesem nur durch Österreich zusammen; zur Ausbildung eigenen Rechts zu klein, von der Eidgenossenschaft seit Jahrhunderten durch das politische System getrennt, war die Nachfolge Österreichs für Liechtenstein die natürliche Konsequenz. 70 Übersicht, siehe oben Anm. 65. Dasselbe geht aus Menzingers Bericht vom 30. Sept. 1858 an Dekan Wenzel, siehe oben Anm. 68, und.aus dem Bericht des Landesverwesers von Hausen vom 30. Aug. 1865, HK 1865/10017, hervor. 71 Deutsche Bundesakte, Art. 12; dazu Huber I, S. 616 ff.; Quaderer, S. 172. Dies war übrigens bei der Hälfte aller Staaten des Bundes so, vgl. D. Romeo Maurenbrecher, Grundsätze des heutigen deutschen Staatsrechts, Frank- furt a. M. 1837, S. 345 Anm. c. 72 HK PExh. 1852/11453; HK PExh. 1855/220. 73 Quaderer, S. 172 ff.; Kleinwaechter, S. 384. 74 Sie nannte sich «Apellations- und Criminal-Obergericht» für Liechtenstein, HK PExh. 1855/220; die Richter waren österr. Juristen. 75 Zur Aburteilung kleinerer Verbrechen borgte sich das Vaduzer Oberamt meistens Kriminalrichter von Feldkirch, HK PExh. 1854/13194; HK PExh. 1855/220, /4997, /7636. 26
	        

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