Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1970) (70)

tums Hohenzollern-Sigmaringen von 1833 beweist.64 Liechtenstein aber blieb auf der Stufe der absolutistisch-bürokratischen Monarchie Öster- reichs stehen. Die Anlehnung an österreichische Institutionen zeigte sich nicht nur im Verfassungsrecht. Das «Allgemeine bürgerliche Gesetzbuch» von 1811, die «Allgemeine Gerichtsordnung» von 1781, das Strafgesetzbuch und die Strafprozessordnung von 1803 waren von Österreich über- nommen und 1812 in Liechtenstein eingeführt worden.65 Dazu erhielten alle auf Liechtenstein anwendbaren österreichischen Nachtragsgesetze in Liechtenstein automatisch Gültigkeit;66 erst ab 1843 bedurften sie der besonderen Rezeption als eigene liechtensteinische Gesetze durch ge- druckte Publikation. Im Kirchenrecht galt in Liechtenstein, das aus- schliesslich katholisch war68 und im Zeichen eines ausgeprägten Staats- kirchentums stand,69 das Ius Canonicum nur soweit, als es nicht durch das bürgerliche Gesetzbuch derogiert wurde. Liechtenstein gehörte der Diözese Chur an; die bischöfliche Kurie, bei der das geistliche Gericht lag, wie auch die Geistlichkeit des Fürstentums hatten die Ehetrennungs- 64 Sigmaringer Verfassung vom 11. Juli 1833; vgl. Gönner, S. 11; Adelmanns- felden. 65 «Uibersicht der im souverainen Fürstenthume Liechtenstein in Kraft stehen- den Gesetzbücher und Normalien», Auskunft der fürstl. Hofkanzlei an die k. k. geheime Haus-, Hof- und Staatskanzlei Wien, 31. Dez. 1846, HHSTA, Kleinere Betreffe, Fasz. 6a, Nr. 12079 u. ad 376. Vgl. auch Quaderer, S. 172; Malin, S. 108; Gschnitzer, S. 27; Kleinwaechter, S. 357, 388. 66 Durch die «Generalrezeptionsklausel» des Fürsten vom 16. Okt. 1819; Quaderer, S. 174. 67 Fürstl. Erlass vom 20. Jan. 1843, siehe oben Anm. 65. 68 Die Grafen von Sulz hatten das Eindringen der Reformation verhindert; vgl. Wille, S. 2; Spillmann, S. 6; Raton, S. 19; Seger, S. 9. Die Fürsten wachten über die Erhaltung einer rein katholischen Bevölkerung auch im 19. Jh.: Noch 1843 wurde die Aufnahme von «Akatholiken», insbesondere von andersgläubigen Schweizern, in den Staatsverband untersagt; vgl. Wille, S. 16. So konnte Menzinger 1858 berichten: «Die Liechtensteiner sind durchwegs Katholiken», nur drei Ehen im Lande wiesen eine protestanti- sche Gattin auf, und selbst diese Frauen lebten im Ausland, Menzinger an den fürstl. Dekan Wenzel in Eisgrub, 30. Sept. 1858, LRA CVII/136, Nr. 967. 69 Wille, S. 11, 15. Die Kirche war unter dem Absolutismus der Fürsten ge- radezu eine «staatliche Erziehungs- und Wohlfahrtsanstalt» geworden, ebda., S. 8, 18. 25
	        

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