Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1970) (70)

die dem Lande Verbindlichkeiten auflegten, der vorherigen Gutheissung durch den Landrat bedürften.88 Der Fürst hätte also vor dem Abschluss des Zollvertrages mit Österreich die Einwilligung des Landrates ein- holen müssen. Er hatte dies unterlassen, um die Geheimhaltung zu wahren und weil er aus dem Vertrag für das Fürstentum ohnehin nur Vorteile entspringen sah. Das ändert nichts daran, dass der Fürst hier eigentlich verfassungswidrig vorgegangen war, denn zur Zeit des Ver- tragsabschlusses waren die konstitutionellen Übergangsbestimmungen noch in Kraft, und ihr Charakter der Vorläufigkeit schränkte ihre Ver- bindlichkeit nicht ein. Der Fürst nahm die Verfassungsreaktion am 20. Juli also eigentlich zu spät vor. Da aber die Bekanntmachung des Vertrages und des Verfassungserlasses vom 20. Juli fast gleichzeitig erfolgte, kam der Überlegung, dass dem Landrat ein Mitentscheidungs- recht zugestanden hätte, nur mehr theoretische Bedeutung zu. Auch der Fürst selber bemass die Rechtlichkeit des Vertrages bereits nach der nun wieder in Kraft stehenden ständischen Verfassung von 1818: Da nach derselben den Landständen bei der Einführung neuer Abga- ben das Recht der vorhergehenden Beratung zustand,89 schrieb der Fürst dem Landesverweser, es möchte' vielleicht scheinen, der Zollvertrag hätte erst nach dieser Beratung in Wirksamkeit treten dürfen; indessen seien die aus dem Vertrag entspringenden Auflagen keine Abgaben in jenem Sinne und zudem hätte eine Vorberatung und die dadurch un- vermeidliche verfrühte Veröffentlichung die Einführung viel schwieri- ger gestalten müssen, während es doch darum gegangen sei, «die Sache schnell in's Leben zu rufen und rücksichtlich des Abschlusses einen günstigen Augenblick zu benützen».90 Mit der Einführung wurde eine Kommission, bestehend aus einem österreichischen Kommissär und dem liechtensteinischen Landesver- weser, betraut. Die für beide gemeinsame Instruktion wies sie an, mit Schonung vorzugehen und bei ersten Übertretungen Milde zu üben. Sollte es aber nötig werden, so müsste durch den liechtensteinischen 88 Verfassungsentwurf von 1848, § 82, siehe oben S. 107 Anm. 60. 89 Verfassung vom 9. Nov. 1818, § 15. - 90 Fürstl. Handbillett an Menzinger, 27. Juli 1852, LRA LXXXV/71, Nr. 8210; ebenso HK 1861/5377 (1852/8210); ähnlich Fürst an Holzhausen, 31. Juli 1852, ebda. 203
	        

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