Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1970) (70)

Da die Grundrechte des deutschen Volkes auch verbindliche Grund- sätze für die Einzelverfassungen aufstellten, sahen eine Reihe von Einzelstaaten, vorab Österreich und Preussen, darin einen zu tiefen Eingriff in ihre Autonomie und lehnten deren Rechtsverbindlichkeit für ihr Gebiet ab, indem sie sie nicht publizierten.60 Getreu seiner österrei- chischen Politik liess auch Alois II. sie in seinem Lande nicht kund- machen.61 Dennoch wurden die deutschen Grundrechte sowohl vom Fürsten, der sich 1849 einmal ausdrücklich auf eine Bestimmung der- selben berief,62 als auch von der Bevölkerung auch ohne die spezielle Kundmachung als Landesgesetz zumindest für künftiges Reichsrecht an- gesehen, wie die heftige Reaktion im Falle der Religionsartikel zeigte. Dies mag zugleich als Indiz dafür dienen, mit welcher Gewissheit man im Land das in Frankfurt entstehende deutsche Reich erwartete. 4. Die Mediatisierungsfrage Gerade Ende 1848, da Liechtenstein in der Nationalversammlung nicht mehr vertreten war, gelangte die Mediatisierungsfrage zur Be- handlung. Sozusagen im Abwesenheitsverfahren wurde über das liech- tensteinische Geschick bestimmt. Mit der Anerkennung der Souveränität auch der kleinsten noch be- stehenden Einzelstaaten durch die Bundesakte hatte sich seit 1815 keine Möglichkeit mehr für eine Vereinfachung der deutschen Länderkarte und für eine Beseitigung der über dreissig deutschen «Despoten» und «Häuptlinge» geboten, mochten auch viele die verfassungsmässige Gleichstellung von «Zwergbildungen wie Waldeck und Liechtenstein» als widersinnig betrachten.63 Gewiss lebte in den kleinsten Bundes- 60 Huber II, S. 782 f. 61 In Liechtenstein scheint überhaupt keines der Reichsgesetze veröffentlicht worden zu sein; vgl. Menzinger an Fürst, 19. Dez. 1848, HK 1849/1262; Kopie im LRA C/2, ad 664; ebenso am 15. Febr. 1849, HK 1849/2583; Kopie im LRA C/2, ad 54; Reichsgesetzblätter vom 29. Sept. 1848 bis 22. Apr. 1849 (Nr. 1 - 15, ausgenommen Nr. 4) im LRA C/2. 62 Schreiben vom 5. Mai 1849, LRA XXVII/F2, Nr. 4938. Ebenso übrigens auch Menzinger in einem Schreiben an die Pfarrämter und Ortsgerichte, 17. März 1849, LRA XXVII/Gi, Nr. 120. 63 Vgl. Hübner, S. 7 ff., 12 ff. Dies ist auch der Standpunkt von Hübner selber. Veit Valentin zieht gleichfalls scharf gegen die deutsche Kleinstaaterei los, unter welche er aber auch die Mittelstaaten zählt, Valentin I, S. 141 ff. 137
	        

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