Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1970) (70)

Bundesstaates waren vielfältig: Sie reichten von der unitarischen Re- publik, die den Sturz der Länderdynästien erfordert hätte, über den zentralistischen bis zum ausgesprochen föderativen Bundesstaat.2. Das Hauptproblem und eigentliche Hindernis aber war Österreich: Denn ein deutscher Nationalstaat mit Ausschluss der nichtdeutschen öster- reichischen Gebiete musste die Auflösung des Kaiserstaates in seine Nationalitäten nach sich ziehen; ein Eintritt Gesamtösterreichs wieder- um musste die dauernde Hegemonie Österreichs begründen und ent- sprach zudem weder dem deutschen Nationalgedanken noch besonders den preussischen Interessen; einem Deutschland ohne Österreich aber, wie es die kleindeutsche Richtung zum Programm erhob, konnte Öster- reich selber wie auch die deutschen Mittelstaaten nicht zustimmen.3 Peter Kaiser und mit ihm die Liechtensteiner erwarteten von der deutschen Nationalversammlung keineswegs ein Aufgehen in einem nationalen Einheitsstaat, wenn man auch pathetisch «unser grösseres Vaterland» und die «grosse deutsche Nation»4 beschwor. Vielmehr er- hoffte man vom deutschen Verfassungswerk eine stärkere wirtschaft- liche Einheit, die die Befreiung Liechtensteins aus seiner verderblichen Isolierung und die Vorteile des freien Handelsverkehrs nicht nur mit Österreich, sondern vor allem mit den wirtschaftlich höher entwickel- ten Zollvereinsstaaten bringen sollte. Daneben erwartete man die Siche- rung der durch die Revolution errungenen demokratischen Rechte, die Berücksichtigung der kleinen und armen Verhältnisse bei den Reichs- lasten, zugleich aber die möglichste Selbständigkeit. Die Liechtensteiner wünschten, «dass wir unbeschadet der Einheit Deutschlands ein freies selbständiges Ganzes bleiben, dass man uns aber in Betracht der Klein- heit und unserer materiellen Mittel keine Opfer zumuthe, die über unsere Kräfte gehen».5 Die Zugehörigkeit zum Gesamtstaat sollte die Lebensfähigkeit und damit gerade die Voraussetzung zur Autonomie bieten. War überdies das Streben nach einer Lösung aus dem österrei- chischen Schlepptau ein Grund für eine stärkere Anlehnung an Deutsch- 2 Huber II, S. 792 ff., 613 ff. 3 Zur österreichischen Frage allgemein ebda., S. 796 ff. 4 Siehe die Adressen der Landesausschüsse vom 22. März und 21. Apr. 1848 an den Fürsten, HK 1863/10370. 5 Adresse der Landesausschüsse vom 24. März 1848 an den Fürsten, HK 1863/10370. 126
	        

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