Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1967) (67)

Oberengadin und zog im Prätigau ein. Am 13. November eroberte Brion, aus dem Prätigau kommend, Maienfeld, und am gleichen Tage mussten die Davoser und Prätigauer vor Baldiron erscheinen. «Man befahl ihnen, sich auf die Knie zu werfen und um Verzeihung zu flehen». Sie muss- ten beschwören, «dass sie für die Zukunft nie und nimmermehr irgend etwas zum Schaden des durchlauchtigsten Erzherzogs Leopold oder des ganzen österreichischen Hauses unternehmen wollten. Niemals dürften sie sich in irgendwelche Bündnisse einlassen, sondern hätten als ver- erbte, natürliche und durch Eid und Huldigung gebundene Untertanen treu und gehorsam zu sein». Umringt von den Soldaten Baldirons, wurde der Eid geleistet. So berichtet Fortunat Sprecher, ein sicherer Gewährsmann, war doch sein Bruder Johannes an diesem Tage der Wortführer des Volkes, der von Baldiron die Erklärung erhielt, er werde sich nicht um Glaubenssachen kümmern. Sämtliche Waffen mussten auf Schloss Castels abgegeben werden, von wo sie nach Gutenberg gebracht wurden. Zweimal war Gutenberg unglücklicher Aufenthaltsort für Gefangene. In Bad Ragaz wurde Friedrich von Tieffenbach, ein böhmischer Adeli- ger, entdeckt und nach Gutenberg ausgeliefert. Peter Kaiser schreibt: «Wegen dieses Fanges geschahen Freudenschüsse aus der Veste zu Gutenberg, welche das Gerücht alsbald in einen feindlichen Angriff auf die Luziensteig verwandelte. Der unglückliche Tieffenbach gehörte zu den Reformierten, hatte zur Erhebung Friedrichs V. von der Pfalz auf den böhmischen Thron beigetragen und am böhmischen Aufruhr teil- genommen. Er wurde nach Innsbruck geführt, gefoltert, und als man ihm keine Geständnisse erpressen konnte, enthauptet». Was ihm im Frühjahr widerfuhr, geschah im Winter dem evange- lischen Prädikanten Blasius Alexander, der mit Georg Jenatsch und anderen im Februar 1621 Pompeius Planta auf das grausamste ermor- det hatte. Auf der Flucht wurde er auf Glarner Boden gefangen und nach Gutenberg gebracht, wo ihm sieben Zehen, die er im unwirtlichen, winterlichen Gebirge erfrört hatte, amputiert wurden. Auch er wurde in Innsbruck vor Gericht gestellt und nach bewundernswert standhafter Haltung hingerichtet. Zum Jahresende erhielt Baldiron sogar aus Innsbruck den Befehl, alle Prädikanten, also die evangelischen Geistlichen, gefangen zu neh- men und nach Gutenberg zu bringen. Sie waren aber schon mit vielen 82
	        

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