Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1966) (65)

Es war schon dunkle Nacht geworden, und ahnungslos machte sich der Plankner auf den Weg. Im Walde beim «Langen Rank» ober dem Bache knallte ein Schuss, und tödlich getroffen sank der Mann zusam- men, der seinem Glück schon so nahe gewesen war. Am anderen Tage fand man ihn ausgeplündert in einer Mulde, ein Stück unterhalb des Weges. Der Mörder aber wurde nie ausgeforscht, und die Tat blieb unge- sühnt. Durch viele Jahre geschah es, dass Wanderer, die am Jahrtage der Tat auf dem Fussweg von Nendeln nach Planken gingen, im Walde nicht weiterkonnten. Sie sahen eine dunkle Wand vor sich und hörten einen Knall, begleitet von einem Feuerstrahl. Dann erst konnten sie den Heimweg fortsetzen. Bis zum Läuten der Kirchenglocken muss der Mörder in diesen Nächten geisten, und dann erst hat seine Seele wieder auf ein Jahr Ruhe. DIE TRAURIGE WEISSE FRAU 30 In Mäls starb «im Gatter» eine Bäuerin, und die Verwandten hielten ihr die Totenwache. Da hörten sie draussen eine wunderschöne Stimme, und sie traten zum offenen Fenster. Bei der Flur «unter dem Stein» kam eine Frau mit blonden, bis auf die Schulter herabhängenden Haaren in weissem, langen Kleide daher. Sie liess sich beim Dorfbrunnen nieder, schritt aber gleich weiter. Ein Mann schlich ihr nach .und bemerkte, wie sich die weisse Gestalt in «Anaresch» hinsetzte und herzzerbrechend weinte. Dort ist früher ein Weiher gewesen, und alte Leute meinen, die Unglückliche habe darin ihr Kind ertränkt. Eine andere Erzählung berichtet von der Erscheinung: In der Tracht der alten Edelfrauen war manchmal eine Gestalt zu sehen, die sich beim Brunnen niedersetzte, ein wunderbares Lied sang und dann langsam weiterschritt, dem alten Schlösschen zu, und auf dem Wege weinte sie zum Erbarmen. 43
	        

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