Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1966) (65)

Dazu liefert uns die Entwicklung von ahd. ei ein Beispiel. Nach heutiger allgemeiner Ansicht hatte er noch in frühmittelhochdeutscher Zeit, also etwa im 11. und 12. Jhd., den Lautwert e + i, wie er z. B. im Wallis heute noch gesprochen wird. In spätmittelhochdeutscher Zeit erfuhr er mannigfache Veränderungen. Wir kennen jedoch nur das Bild der heutigen Mundarten und alle Zwischenstufen, die wir ansetzen, bleiben Hypothese, wenn wir keine urkundlichen Aufschlüsse haben. Und diese sind bisher sehr spärlich. Für die Lautung -ää- (z. B. sääl «Seil», hääser «heiser») im liechten- steinischen Oberland muss man wohl von einer Zwischenstufe -ei- bzw. -äi- ausgehen, die aus -ei- entstanden ist. Diese würde dann in der Zentralschweiz, im Kanton St. Gallen und Graubünden einschliess- lich der dortigen Walsermundarten12) gesprochen. Mit letzteren zusam- menhängend gehörten auch die Walsermundarten des Triesenbergs und Vorarlbergs dazu. Der nächste Schritt wäre die Monophthongierung die- ses Zwielautes zu -ää-. Diese ist ausserhalb des liechtensteinischen Ober- landes auch im Walgau und Klostertal eingetreten. Sie findet sich aber wieder im Kanton Appenzell. Ob zwischen beiden Gebieten ein Zusam- menhang bestand, der durch neuere Veränderungen im Rheintal unter- brochen wurde, lässt sich vorläufig nicht nachweisen, obgleich ihn Jutz in dem oben genannten Aufsatz (Seite 47, 48) sehr bestimmt annimmt. Es könnte sich ebensogut um eine autochthone Lautveränderung han- deln, die hier wie dort in diesem Punkt zu einem gleichen Ergebnis führte13). Sie muss dann auch nicht zur gleichen Zeit eingetreten sein. Dass zwischen dem Walgau und dem Liechtensteiner Oberland ein Zusammenhang besteht, ist naheliegend und lässt sich auch in der Wortgeographie zeigen, weniger aber mit dem Appenzell. Hier sprach man schon die alemannische Sprache, als im Süden noch das Räto- romanische galt. '-) Die heutigen mundartlichen Lautungen für ahd. ei lassen sich im Sprach- atlas der deutschen Schweiz (SDS. Band I, Seite 109, 111) für unser Nach- barland bequem überblicken. ls) Zu beachten ist vorallem, dass der ganze Sprechakzent der Liechtensteini- schen Mundart, also der musikalische Anteil der Rede, wenn wir von Balzers absehen, mit dem Südvorarlbergs übereinstimmt. Die Appenzeller Mundart klingt ganz anders. 194
	        

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