Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1966) (65)

Somit steht auch für Liechtenstein aus jeder Gemeinde eine Samm- lung von rund 3000 Mundartbelegen zur Verfügung. Von jeder Auf- nahme ist eine Kopie angefertigt worden, die im Historischen Museum in Vaduz eingesehen werden kann. Das Original bleibt bis zum Ab- schluss der Herausgabe des Sprachatlasses in Innsbruck und kehrt dann in den Besitz des Historischen Vereines zurück. . Die Absicht des Unternehmens lag vorallem in der Sammlung des älteren mundartlichen Wortschatzes und Lautstandes, der in unserer Zeit verlorenzugehen droht. Die Lebensgestaltung und -weise ist in den letzen Jahrzehnten eine gänzlich andere geworden als sie bisher war. Die Bewohner sicherten sich bislang ihre Existenz durch bäuerliche Arbeit, wie sie sicher einige Jahrhunderte ohne grosse Veränderungen von einer Generation zur andern überliefert wurde. Der ererbte Grund- besitz band die Menschen an den Ort, in dem er geboren war. Nennens- werten Reichtum gab es nicht, eher, besonders zu Kriegszeiten, grosse Armut (mit den heutigen Lebensverhältnissen verglichen), die zum vorübergehenden Gelderwerb im fremden Land zwang. Diese Bindung an die engere Heimat führte zu einem tiefgehenden, sehr kleinräumi- gen Gruppenbewusstsein, das wohl die Grundlage zur Ausbildung einer lautlichen und lexikalischen Vielfalt wurde, wie wir sie heute noch feststellen können. Wie weit sie zurückreicht, d. h. wie alt das heutige Bild der Mundart ist, kann man nicht mit Sicherheit angeben. Man wird aber wohl sagen dürfen, dass sie seit etwa 300 bis 400 Jahren mit wenigen Veränderungen auf uns kam. Heute wäre es eine Seltenheit, wenn jemand von der jüngeren Generation nicht über den engeren Bereich der Heimat gekommen wäre. Selbst in der Landwirtschaft bedient man sich mehr und mehr neuer und neuester Methoden, die nicht in der Heimat gewachsen sind, sondern von auswärtigen Industrien übernommen werden. Mit einem Wort, die «Welt» ist grösser, die Lebensweise nicht nur wenig, sondern grundlegend anders geworden. Diese neue Situation wird auch unwei- gerlich die Sprache verändern. Wie, das lässt sich heute noch nicht in bestimmten Kategorien zeigen, doch tendiert die Entwicklung zu einer grösseren Vereinheitlichung hin, d. h. weitgehender Verlust der orts- mundartlichen Besonderheiten zugunsten einer allgemein verständli- cheren, mehr oder weniger stark mundartlich gefärbten Umgangs- sprache. 183
	        

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