Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1965) (64)

Künste zu lernen und ohne Losbrief seinem Nahrungsverdienst da, wo er ihn findet, nachzugehen». Es heisst in der Verfügung des Kaisers, dass der Untertan jetzt als freier Mensch anzusehen ist. Im Geiste der Französischen Revolution und der Ideen des Kaisers ist eine Eingabe aufzufassen, die in dieser Zeit nach Wien gegangen ist: Am 16. August 1794 schreibt Landvogt Menzinger an die fürstliche Hofkanzlei nach Wien: «Mir ist der Gedanke eingefallen, ob nicht etwa Seine Durchlaucht geneigt wären, die Untertanen von der Leibeigenschaft, weil doch die- ser Name dermal so verhasst ist, in seiner Art gänzlich zu entlassen. Ich verstehe es derart: Die Fronen, der Bett- oder Herrendung blieben wie vorher. Die Manumissionen und die Fasnachthennen aber als die charakteristische Wertung der Leibeigenschaft würden den Untertanen gegen ein Aequivalent, welches dann wieder an den Ertrag der Fas- nachthennen und Manumissionsgebühren aus den hochfürstlichen Ren- ten entginge, auf eine ergiebige Art wieder ersetzt werden. Seine Durch- laucht würde hiedurch seine Mildtätigkeit für alle Zeiten auszeichnen, ohne etwas zu verlieren». Der Landvogt schlägt also eine salomonische Lösung vor: Die Fron- dienste und die Lieferung von Dünger an die herrschaftlichen Wein- berge soll beibehalten werden, weil sie nicht direkt mit der Leibeigen- schaft in Zusammenhang stehen, und für die Auflassung der — übri- gens nicht sehr einträglichen — spezifischen Lasten der Leibeigenschaft soll eine Ablösung gezahlt werden. In gewundenem Kanzleideutsch antwortet die Hochfürstliche Alois Liechtensteinische Kanzlei: «Der Vorschlag des Herrn Landvogts .... ist zwar von einer Seite betrachtet ein ganz guter, aus den Umständen der Zeit, in der wir leben, vorbeugend hergeleiteter Gedanke; ob aber eben diese zuvorkommende Nachgiebigkeit den Untertanen nicht Gelegenheit geben würde, diesen Schritt für eine Furchtsamkeit von Seiten ihrer Landesherrschaft anzu- sehen und daher ihren Stolz und Mutwillen zu erweitern; da selber in der Tat für einen aus der kritischen Lage der Zeitumstände gleichsam abgedrungenen Verzicht, gegen die Untertanen angesehen werden könnte, und ob ferner in Erwägung, dass von einer ähnlichen Begünsti- gung gegen dieselben noch bei keinem benachbarten Reichsstand etwas sich verlautet hat, denselben nicht etwa andurch ein böses Spiel ge- 150
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.