Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1964) (63)

Herr Kaiser, niederträchtigen, lügenhaften und verleumderischen Brief habe ich ein Wörtchen besonders mit Ihnen zu sprechen. Denn das Allgemeine, Ihre Entweihung, oder vielmehr sinnlose Entstellung mei- ner Absichten und Gesinnungen sey Ihnen verziehen. Ein falscher Spiegel kann keine andern als Zerrbilder zurückwerfen, und keiner ist für das verantwortlich, wozu er das Zeug nicht in sich selbst hat». Kaiser war Pestalozzi in freundschaftlicher Anhänglichkeit verbun- den und genoss auch dessen besonderes Vertrauen, wofür er gerne sein grosses Talent und seine volle Kraft einsetzte. «Ich bin jetzo auch unter andern Verhältnissen hier und Bedingungen, als früher, und ich glaube, dass mein Mitwirken von Vorteil für die Sache sein kann. Der alte Pestalozzi ist darüber innig erfreut. Gegenwärtig arbeitet er an seinen Sprachen, ich soll ihm helfen; aber er will alles selbst machen, und nun hat er die Geduld nicht, die Stetigkeit, die zu solchen Arbeiten nöthig ist, weshalb ich meine schwere Noth habe. Ich will sehen, was wir herausbringen».80) Kaiser will sich trotz der durch den Lehrerstreit schwierig gewor- denen Verhältnisse mit vermehrten Kräften für Pestalozzi und die schon niedergehende Anstalt einsetzen. «Ich will auch unter die Kna- ben ein anderes Leben bringen, und so weit möglich das Ideal zu ver- wirklichen suchen. Ich will also den Greis nicht verlassen, vielmehr in ein festeres Verhältniss mit ihm treten und so von dieser Seite der ') Peter Kaiser an Wurm, Iferten, 2. Juni 1823; Christian Friedrich Wurm aus Blaubeuren, Student der Theologie in Tübingen, später Professor der Geschichte am Akademischen Gymnasium in Hamburg. Der 20-jährige Wurm kam während einer längeren Ferienreise an Ostern 1823 nach Iferten. Wurm übersetzte Pestalozzis Briefe an den Engländer James Pierrepoint Greaves, was ihn bewog mit Pestalozzi zu korrespondieren. Daraus erwuchs dann eine Begegnung mit Pestalozzi, während welcher sich Kaiser und Wurm anfreundeten. Der spätere Briefwechsel der beiden ist sehr aufschlussreich. Kaiser begegnete Wurm später wieder in Frank- furt, wo sie beide 1848 als Abgeordnete der Nationalversammlung sich trafen. Wurm starb 1859. — Die Briefe Kaisers an Wurm befinden sich in der Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg, Sign. Hamb. Mansr. IV, 76; Die Briefe sind teilweise veröffentlicht in:Essig, Olga: Unbekannte Briefe zum Lehrerstreit in Yverdon. Pestalozzianum. Mitteilungen des In- stituts zur Förderung des Schul- und Bildungswesens und der Pestalozzi- forschung. Beilage zur Schweizerischen Lehrerzeitung. Zürich, 32. Jg., Nr. 3, 6, 7. Zitiert: Panum 32; Panum 32, S. 25. 35
	        

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