Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1961) (61)

- 174 - Theuerste Eltern ! Längst schon war es mein Wunsch, Ihnen zu schreiben, nur wollte ich noch einen Brief von Ihrer Hand erst erwarten; da dieser aber ausgeblieben, und nur Mali zwei Briefchen von Hause erhielt, benütze ich nun die erste freie Stunde, Ihnen Nachricht von uns zu geben57). Mali ist wohl und munter, doch wollte ihm bis vor 8 Tagen das Essen nicht recht schmecken. Doch habe ich es in einigen Familien einge- führt, auch hat es bereits eine Freundin. Besonders Prof. Maier und Frau nehmen sich seiner sehr freundlich an. Im Übrigen bemerkte ich sehr wohl, dass Lisi weit besser zur Haushaltung taugte, da Mali etwas launisch, langsam und hie und da unbeholfen ist. Im Ganzen ist unsere Haushaltung gemütlich und friedlich, ausgenommen, dass ich manchmal den «Peter» spielen (über das Essen schimpfen) muss. So brachte Mali letzthin einen Pudding auf den Tisch, welcher kaum zu erkennen war; auf meine Frage, ob das Ding auch Beiner habe, hätte Mali bald «grerat» (geweint). Doch bessert sich seine Kocherei. Schade nur, dass ich so wenig zu Hause sein kann. Mali zeigt sich gleichgültig und interesselos an Allem, was es sieht, worüber ich oft ärgerlich bin, — es wälscht sein Vaduzer Kauderwälsch unbekümmert fort, was ich ihm auch sage; im Ganzen genommen bin ich durchaus nicht unzufrieden mit ihm. Vor allem muss ich bitten, dem Mali es nie merken zu lassen, wenn ich einen Tadel über es nach Hause wissen liess, indem sonst aller gute Wille seinerseits beim Kuckuck wäre. Nach dem, was mir Mali aus seinen erhaltenen Briefen erzählte, muss die Schillerfeier in Vaduz grossartig gewesen sein. David's Ka- puzinerpredigt aus Wallenstein möchte ich gehört haben. Der Triesnerbergerischpolitechnische Schädler lässt den Peter «fründschäftli» grüssen, er kommt aber selten, was besonders dem Mali lieb ist. Mein Leben ist ziemlich einförmig geworden vor lauter Schulmeisterei; doch hoffe ich beim nächsten Oratorienvereinsconcert eine kleinere Composition zur Aufführung zu bringen. Im Ganzen genommen finde ich, dass das Leben zu Zwei doch theurer kommt als das Einsiedlerleben, doch, es wird sich schon machen ! Von Maier und Schafhäutl viele Grüsse. Im April werde ich eine neue Wohnung in der Blumenstrasse No. 16/1 beziehen; sie kostet 124 fl und ist kleiner aber angenehmer als meine jetzige.
	        

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