Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1958) (58)

— 305 — unterstand. Herr Kanonikus Frommelt, erkannte die Fähigkeiten des Professors und sah andererseits die Not dieses Künstlers und gab ihm div, Aufträge, u. a. auch den Auftrag, Entwürfe für Briefmarken, aus- zuarbeiten. Professor Zotow nahm die Arbeiten mit Freude an, und es begann ein neues Leben für ihn. Später übersiedelte er dann in die sog. Lehrerwöhnung zwischen Realschule und Gemäldeausstellung. Dort, im zweiten Stock, wo kein Lehrer mehr bleiben wollte, blieb er bis zu seinem Wegzug. Das Wohnzimmer war ihm auch Atelier, ein Atelier, das den ganzen Tag Nachmittag bis abens 7 .Uhr und später unter direkter Sonnenbestrahlung stand, was ihn bei der Arbeit sehr hinderte. Doch wie er wohnte, wo er wohnte, das war ihm nicht so wichtig. Was ihn beschäftigte, war nicht die äussere Welt, sondern seine eigene, die Welt seiner Bilder und Gravüren, die er geschaffen, seitdem er sich dieser Kunst verschrieben hatte. Sein gütiger Charakter, die Würde und die Höflichkeit seines Be- nehmens, hatten ihm in Liechtenstein rasch Sympathie' eingetragen. Bald schätzten sich viele glücklich; wenn sie in der finanziellen Lage waren, zu den Kunden von Professor Zotow zählen zu dürfen. Nicht, dass seine Kunstwerke teuer waren, im Gegenteil. Im Verhältnis zu dem, was der Künstler bot, waren seine Preise oft nur Trinkgelder. "Für alles, was man dem Professor tat, zeigte er sich dankbar und er- kenntlich. Er fühlte sich reich und glücklich, wenn er mit seiner Kunst Freude schenken durfte. Und wievielen hat er doch Freude gemacht ! Professor Zotow konnte bald einen grossen Kreis zu seinen Freunden zählen, und dennoch war er im Grunde seines Wesens einsam und weltfremd und deswegen oft unverstanden. Nach offizieller Bestätigung war Professor Zotow vom 4. Juli 1938 bis 11. Juni 1953, in Liechtenstein. Eine lange Zeit anstrengender Arbeit. Sie brachte ihm viele Freunde und Freuden. Aber auch den Kelch des Leidens und der Sorgen musste er in Liechtenstein infolge seines Kon- • fliktes mit dem Gesetze auf dem Gebiete der graphischen Kunst trinken. Kaum war Professor Zotow in Liechtenstein, brach der zweite Weltkrieg mit all seinen Schrecken aus. Die Grenzen wurden abgerie- gelt; und für Professor Zotow existierten nur noch 157 km2 Lebens- raum. Die Stadt mit all ihren Anregungen und Möglicheiten der künst- lerischen Forschung und des Einkaufs von geeigneten Materialien usw. blieb ihm verschlossen. Professor Zotow litt sehr unter dieser Ein- engung. Er, für den es nach russischen Verhältnissen gerechnet, fast
	        

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